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Vorlaubenhaus, Laubenhaus, Giebellaubenhaus, Laubengang, Fachwerklaube

 

Architekturfotografie und denkmalpflegerische Bilddokumentation

Bildarchiv Norbert Rauscher - Fotoarchiv historische Architektur
Baudenkmale und Architekturgeschichte im Land
Brandenburg

 

Stockphoto-Galerie Nr.1a  Foto, Fotografie, Bild, Abbildung

Architektur und Baukultur im ländlichen Raum

Dorf, Bauernhaus, Bauernhof, Wirtschaftsgebäude, Nebengebäude, Außenanlagen, Dorflandschaft

Bildarchiv Bauernhaus und Bauernhof, historische Gebäude und Architekturdetails

 

Fotograf und Urheberrecht:  Dipl.-Architekt Norbert Rauscher
D-16548 Glienicke/Nordbahn, Kieler Straße 16, Telefon: (033056) 80010, E-Mail: n.rauscher@web.de
Internet: www.fotografie-architektur.de, www.fotografie-landschaft.de
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Lüdersdorf bei Angermünde (Gemeinde Parsteinsee, südöstliche Uckermark, heute Landkreis Barnim; Brandenburg), Dorfstraße 25; Giebellaubenhaus um 1816 (gemäß dendrochronologischem Befund wurde das Bauholz im Winter 1815/1816 eingeschlagen), im Grundriss 20,10 x 12,00 m = 241,20 m² (nach Kulke, siehe unten); ehemaliges Bauernhaus (Wohn-Speicher-Haus, das Haus hatte nie einen Stallteil), jetzt nur Wohnhaus, genannt "Dat Loewinghus" (niederdeutsch für "Das Laubenhaus"). Lüdersdorf gehörte in der alten Uckermark bis 1817 zum "Stolpischen Kreis", danach mit den preußischen Verwaltungsreformen zum Landkreis Angermünde im Regierungsbezirk Potsdam der Provinz Brandenburg.

Brandenburgisches Giebelflurhaus (Mittellängsflurhaus, "Märkisches Mittelflurhaus" der jüngeren Generation) mit eingezogener Giebellaube als Fachwerkbau in Stockwerkbauweise; niedriger Feldsteinsockel mit Ziegeldeckschicht; Ständer, Riegel und Streben gezapft, Streben auf Riegel geblattet; beide Stockwerke einfach verriegelt, einige Brustriegel im Unterstock eventuell erst später tiefer gesetzt zur Vergrößerung der Stubenfenster (nicht mehr nachweisbar, weil Ständer erneuert); Giebellaube durch um zwei Gefache eingezogene Giebelwand des Unterstocks, Unterstock-Rähm und Oberstock-Schwelle durchlaufend, die jetzt teilweise vorhandenen Schnittstellen sind durch Holzaustausch bei Sanierungs- bzw. Rekonstruktionsarbeiten entstanden.

Laubenständer auf der Giebelseite mit kurzen Kopfstreben unter Spannriegeln, traufseitige Lastabtragung über der Laube durch Balken auf kurzen Kopfstreben als Unterzug (Spannriegel) unter dem Rähm, zur Zierde wurden im Scheitelpunkt der ausgerundeten Spannriegel Verdickungen stehen gelassen (auch als "Buckel" oder "Horn" bezeichnet); Fenster und Türen sind Nachbauten in Anlehnung an historische Vorbilder; Satteldach mit Reetdeckung und Windbrettern, beide Dachgiebel verbrettert mit Deckleisten (verleistete Schalung), auf der Gartenseite wurde 1931 ein Schopfdach angebaut; Baudenkmal gemäß Landesdenkmalliste; Aufnahmen zu unterschiedlichen Tageszeiten, Aufnahmedatum: 12.9.2010 (Tag des offenen Denkmals)



Zum Begriff Vorlaubenhaus: Obwohl dieser Haustyp immer wieder als Vorlaubenhaus bezeichnet wird, handelt es sich zumindest aus konstruktiver Sicht nicht um ein Vorlaubenhaus - es wurde keine Laube vorgesetzt, die Laube wurde vielmehr eingezogen; Unterstockrähm und Oberstockschwelle laufen durch bis zum Laubengiebel, der Oberstock ist als durchgängiges Stockwerk normal abgebunden. Der Begriff Giebellaubenhaus trifft die Sache besser, nebenbei gibt er auch Auskunft über die Lage der Laube. Eine historische Begründung für die umgangssprachliche Bezeichnung gibt es aber doch: Nach übereinstimmenden Berichten aller Hauskundler sowie bis heute dokumentiert in den alten Flurkarten stand zumindest bei Durchgangs- und Durchfahrtslaubenhäusern die eingezogene Giebelwand mit dem Hauseingang fast immer direkt auf der straßenseitigen Grenze des privaten Flurstücks (Hofraum), während der Laubenteil des Gebäudes über diese Grenze hinausragte in den Bereich der Allmende (Anger, Dorfplatz, Dorfstraße). Es gab also ein gestattetes Vorkragen des privaten Gebäudes in den öffentlichen Raum hinein, vermutlich, um für Ein- und Ausfahrt unter die Laube nicht zu viel Hofraum zu verbrauchen. Das öffentliche Wegerecht blieb dabei offenbar (?) unter dem Laubenteil des Gebäudes gesichert. Aus dieser funktionellen Sicht ist auch ein Giebellaubenhaus ein Vorlaubenhaus.

Literatur:
Erich Kulke: Die Laube als ostgermanisches Baumerkmal. Hoheneichen-Verlag, München 1939; Lüdersdorf ab Seite 210, Abbildungen zum hier gezeigten Haus Dorfstr.25 siehe Link unten: "Mathias Rohde und das Vorlaubenhaus in Lüdersdorf". Den von Erich Kulke publizierten Untersuchungen und Grundriss-Zeichnungen ist zu entnehmen, dass es sich bei diesem Haus um eines der jüngeren Giebelflurhäuser handelt, welche von Anfang an keine zentrale fensterlose "Schwarze Küche" mehr hatten sondern einen durchlaufenden Flur ("Gang") mit seitlich gelegener und belichteter Küche.
Uta und Klaus Puls: Laubenhäuser im Oder-Weichsel-Gebiet, Schriftenreihe Märkische Akademie ländlicher Raum e.V., Seddiner See / Fredersdorf bei Berlin, 1999; Seite 20 f.
Hans-Jürgen Rach: Fachwerkbauten in der Mark Brandenburg. Enthalten in: Fachwerkbauten in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen. Verlag für Bauwesen, Berlin / München 1992; Seiten 55-56 mit Farbabbildung des Zustandes um 1985 auf Seite 55








Die Laube wurde allgemein in der Region als "Der Löwing" (geschrieben auch "Der Loewing") bezeichnet. Sie diente nach alter Überlieferung dem Unterstellen von Wagen und sonstigen Ackergerätschaften (so jedenfalls in: Das Bauernhaus im Deutschen Reiche und in seinen Grenzgebieten, Verlag von Gerhard Kühtmann, Dresden 1906, Textband S.156). In diesem Sinne hatte die Laube bzw. der Laubengang die Funktion einer Remise. Die Bilder unten zeigen daher die Laube genau in dieser traditionellen Nutzung. Erich Kulke berichtet außerdem, dass hier Fischernetze und Tabakblätter zum Trocknen aufgehängt und durch eine Luke in der Laubendecke die Kornsäcke nach ober gezogen wurden zur Lagerung des Korns im Oberstock (gut belüfteter Kornboden über der Laube). Vollbeladene Erntewagen mit Rüben oder Kartoffeln konnten bei Regen untergestellt sowie allerlei Tätigkeiten wettergeschützt ausgeführt werden und man konnte am Feierabend unter der Laube sitzen und die Leute beobachten.

All diese Aufgaben und Funktionen gab es aber auch in anderen Regionen. Auch in Mecklenburg wurden Fischernetze zum Trocknen aufgehängt, im Elsass wurden Klebdächer / Simsdächer an den Fachwerkhäusern angebracht zum Trocknen der Tabakblätter, Giebellauben jedoch wurden nicht errichtet. Eine schlüssige und historisch gesicherte Begründung für die Entstehung der Giebellauben ausgerechnet in der Oderregion konnte bisher nicht geliefert werden. Dat Loewinghus hat wohl nur deshalb eine Laube, weil die meisten anderen Häuser im Dorf damals auch eine hatten.



























Das Laubenhaus in Lüdersdorf bei Angermünde hat eine vergleichsweise gut dokumentierte Geschichte. Nach seiner langjährigen bestimmungsgemäßen Nutzung als Bauernhaus zeigte es deutliche Verschleißerscheinungen, 1930 war der Abbruch beantragt. Die Behörden erkannten jedoch den Denkmalwert des ehemals für die untere Oderregion typischen Gebäudes, das Fachwerkhaus wurde unter Schutz gestellt, saniert und 1931 in eine Jugendherberge umgenutzt. Nach Leerstand in den letzten Kriegsjahren und Unterkunft für Flüchtlingsfamilien nach 1945 wurde es ab etwa 1960 bis 1980 als Kinderkrippe genutzt. Danach folgten erneuter Leerstand und zunehmender Verfall.

1989 entdeckte der Grafiker Mathias Rohde das denkmalgeschützte Haus und übernahm es von der Gemeinde in Erbpacht. Seitdem begleitet er die sorgfältige denkmalgerechte Sanierung, finanziell unterstützt durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, das Land Brandenburg und den Landkreis Barnim; teilweise erbringt er die Leistungen mit Helfern in Eigenleistung. Im Zuge der zum Aufnahmezeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Totalsanierung mussten erhebliche Teile des Gebäudes nicht nur saniert, sondern rekonstruiert werden - dies betrifft besonders die Gebäudehülle. Langfristig ist der teilweise Ausbau zum "Laubenhaus-Museum" geplant. Mathias Rohde verfügt inzwischen über umfangreiches Wissen zum Thema Giebellaubenhaus, bietet Führungen durch sein Gebäude an und ist dankbar für Spenden und Unterstützung:

Mathias Rohde, Telefon: (033365) 39768, Funk: (0152) 24222755, E-Mail: loewinghus@googlemail.com
Zu Entstehungsgeschichte, Bauleistungen, Planungen zur zukünftigen Nutzung sowie den eigenen Beweggründen hat Mathias Rohde einen ausführlichen Text verfasst; diesen Text erhalten interessierte Besucher als Informationsmaterial bei Führungen in seinem Haus. Wenn Sie diese Informationen lesen und dazu historische Fotos sehen möchten, klicken sie auf die folgende Textfläche:

 Mathias Rohde und das Vorlaubenhaus in Lüdersdorf 

Die weiteren Bilder zeigen das Gebäude am Nachmittag des 12.9.2010:









Hinweis:
Alle Fotos und Texte auf dieser Seite wurden hier erstmalig veröffentlicht am 25.10.2010, inhaltliche Aktualisierungen und Ergänzungen einschließlich verlinkte Themenseite zum Vorlaubenhaus am 19.11.2010, Ergänzungen der Themenseite nochmals am 23.8.2011.

 

 


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