Baukultur im ländlichen Raum
In vielen Fällen werden Gebäude und ihre Gestaltung als angenehm
empfunden, ohne dass eine genaue Erklärung für diese Wirkung gegeben werden
kann. Das Gebäude, die Fassade oder das Dach sind einfach "schön",
es stimmt alles. Bei der Wahrnehmung von Architektur ist unser Empfinden
geprägt von Gewohnheiten, von einer gebauten Umwelt, in der wir aufgewachsen
sind und die ständig und unmerklich auf uns eingewirkt hat. Die Erfahrungen
mit unserer Heimat und den auch heute noch zu einem sehr hohen
Prozentsatz historischen Architekturformen unserer Umwelt prägen unser
Urteil und unser stilistisches Empfinden. Dieser Tatsache bleibt
unbewusst jeder unterworfen, ob er will oder nicht. Sie tritt besonders
deutlich in Erscheinung, wenn wir uns in historischer Umgebung befinden
und die gewohnten traditionellen Formen geradezu erwarten. Für einen
zeitgemäßen Umgang mit den traditionellen Bauformen des Dorfes gibt es
daher bestimmte Grundregeln, welche diese Erfahrungen berücksichtigen.
Zeitgemäße Bautätigkeit im traditionellen Umfeld
Grundlagen und Begriffsbestimmung
Die wichtigsten Begriffe sind in diversen Gesetzen und
Verordnungen der Bundes und der Länder bestimmt, z.B. im Baugesetzbuch
(BauGB), in der Baunutzungsverordnung (BauNVO), in der Brandenburgischen
Bauordnung (BbgBO) oder der Honorarordnung für Architekten und
Ingenieure (HOAI); siehe hierzu auch die Literaturhinweise im Teil 6 der
Broschüre. Nachfolgend sollen einige dieser Begriffe kurz erläutert
werden. Dabei wird hier besonders auf die mit der sogenannten
"Bausubstanz" in Verbindung stehenden Begriffe eingegangen.
Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden fest verbundene, aus Bauprodukten
hergestellte Anlagen, z.B. Gartenzäune, Garagen, Häuser, usw.
Verschiedene bauliche Anlagen dürfen im Siedlungsgebiet (Innenbereich, §
34 BauGB) ohne Genehmigung errichtet oder verändert werden, z.B. offene
Einfriedungen (Zäune) bis 2,00 m Höhe und geschlossene Einfriedungen
(Mauern) bis 1,50 m Höhe, falls eine Gestaltungssatzung keine anderen
Festlegungen getroffen hat.
Gebäude sind selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die
von Menschen betreten werden können und dem Schutz von Menschen, Tieren
oder Sachen dienen, z.B. Wohnhäuser, Ställe oder Garagen. Die Errichtung
der meisten Gebäude ist genehmigungspflichtig, die BbgBO stellt
jedoch einige Gebäude von der Genehmigung frei. Keiner
Genehmigung bedürfen auch die in der BbgBO näher bestimmten baulichen
Änderungen an bzw. von Gebäuden.
Instandsetzungen sind Maßnahmen zur Wiederherstellung und Erhaltung des
bestimmungsgemäßen Zustandes eines Bauwerkes. Der Austausch von
Material, welches verschlissen, zerstört oder auf andere Weise nicht
mehr den erforderlichen Eigenschaften entspricht, darf genehmigungsfrei
durch gleichartiges Material erfolgen. Ein Dach darf z.B.
genehmigungsfrei durch gleichartiges Material umgedeckt werden (falls
eine Gestaltungssatzung keine anderen Festlegungen getroffen hat),
einzelne Sparren dürfen ausgewechselt werden usw.
Wenn jedoch ein ganzer Dachstuhl abgetragen und neu in gleicher Form
wieder aufgebaut werden soll, ist nicht mehr von Instandsetzung zu
sprechen sondern von Abbruch und Wiederaufbau. Ein Wiederaufbau wird
jedoch baurechtlich als Neubau bewertet und unterliegt der
Genehmigungspflicht.
• Links: Geschlossene Hoffront unmittelbar an der
Grundstücksgrenze, Bauernhaus mit integriertem Torhaus als Fachwerkbau
(Schönhagen bei Gumtow, Ostprignitz)
• Mitte: Zentrales Ensemble eines Dorfes, Gebäude und öffentliche Freifläche umfassend saniert und
neu gestaltet (Saathain, Elbe-Elster)
• Rechts: Neues Buswartehaus im alten Dorf, ein gelungenes Gestaltungsbeispiel (Groß Schulzendorf,
Teltow-Fläming)
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Sanierungsmaßnahmen haben ihren Ursprung als Begriff im lateinischen
Wort "sanare" (gesund machen, heilen). Im Bauwesen steht der Begriff
Sanierung für alle komplexen Baumaßnahmen, die eine mit Modernisierung,
Instandsetzung oder Umbau verbundene Renovierung (Wiederneumachung) zum
Ziel haben oder, ganz allgemein gesprochen, die umfassende Verbesserung
des Zustandes eines Siedlungsbereiches oder eines einzelnen Bauwerkes
unter den Gesichtspunkten heutiger Nutzungsbedürfnisse. Der Begriff
Sanierung ist bauordnungsrechtlich nicht exakt zu bestimmen, weil er
regelmäßig eine Vielzahl von teils genehmigungspflichtigen und teils
genehmigungsfreien Baumaßnahmen beinhaltet. Von Sanierung wird daher
formell nur im Planungsrecht gesprochen, so im BauGB ab § 136 von der
"Städtebaulichen Sanierungsmaßnahme".
Nutzungsänderungen erklären sich aus dem Begriff selbst. Im ländlichen
Bereich ist besonders der Ausbau von bisher ungenutzten Nebengebäuden
und Dachgeschossen zu Wohnzwecken interessant; die Nutzungsart "Stall"
wird geändert in "Wohnraum". Wohnräume sind jedoch Aufenthaltsräume für
Menschen, die Errichtung oder Änderung von Aufenthaltsräumen ist
weitgehend genehmigungspflichtig, gleichgültig, ob durch Neubau, Umbau
oder Ausbau. Damit ist der Ausbau von Nebengebäuden zur Wohnnutzung
grundsätzlich genehmigungspflichtig, auch wenn sich keine äußerlich
erkennbaren Veränderungen an der Fassade ergeben. Der Ausbau von
Dachgeschossen ist nur teilweise genehmigungsfrei, siehe § 55 Abs.2
Nr.9.
Gestalterisch sind Umnutzungen immer Einzelfallentscheidungen, es gibt
hier keine Patentrezepte. Wegen der bestehenden Bauantragspflicht muss
ein Architekt oder bauvorlageberechtigter Ingenieur hinzugezogen werden.
Zu wünschen bleibt, dass diese auch das nötige gestalterische Gefühl
mitbringen und der Umbau nicht zum Panoptikum gerät. Schutzwürdige und
ortstypische Bauformen sollten weitestgehend erhalten und respektiert
werden, Einbauten (Türen und Fenster) sich möglichst der vorhandenen
Architektursprache bedienen und gegebene Fassadengliederungen
gestalterisch nutzen.
• Links: Sanierung eines Giebellaubenhauses der Oderregion nach denkmalpflegerischen Grundsätzen;
Fachwerkbau um 1816, ehemaliges Wohn-Speicher-Haus, Giebel verbrettert, neue Rohrdeckung / Reetdeckung (Lüdersdorf, Barnim)
• Mitte: Umnutzung eines Nebengebäudes mit Naturstein-Ziegel-Fassade zu Wohnraum (Schönfeld, Barnim)
• Rechts: Instandsetzung des Feldsteinmauerwerks (um 1880) in traditioneller Zwickeltechnik für
Erdgeschoss und Hofmauer, sorgfältige und fachgerechte Arbeit (Polßen, Uckermark)
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Umgang mit der historischen Bausubstanz
Ein historisches Gebäude, welches in seiner Substanz weitgehend brauchbar ist und sich außerdem in
Gemeinschaft mit anderen Gebäuden gleicher Form und Funktion befindet
(Ensemblewirkung), sollte in seiner Gesamtwirkung möglichst ursprünglich
wiederhergestellt und nicht gewaltsam auf "modern getrimmt" werden. Das
schließt eine Anpassung an zeitgemäße Nutzungsqualität und
Funktionalität nicht aus; ebenso wenig soll die Korrektur von
offensichtlichen konstruktiven und bauphysikalischen Fehlern der
Vergangenheit verhindert werden.
Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings sehr oft heraus, dass
viele Baufehler nicht historischer Art sind sondern erst entstanden,
nachdem alte Bausubstanz mangelhaft gepflegt, unsachgemäß behandelt,
umgebaut oder moderne Anlagen und Bauelemente ohne Kenntnis
bautechnischer und bauphysikalischer Zusammenhänge eingebaut wurden. Mit
diesem Satz ist das Kernproblem bereits beschrieben.
Sanierungsmaßnahmen, Umbauten und Anbauten bei erhaltenswerten Gebäuden sollen sich dem vorhandenen Charakter des
Gebäudes unterordnen und nicht durch ein gestalterisches Eigenleben
auffallen. Es ist keine Schande, in einem alten Haus zu wohnen. Alte
Gebäude bieten bei sachgemäßer Sanierung oder Modernisierung unter
günstigen Umständen eine höhere Wohn- und Lebensqualität als die Bauten
der Neuzeit.
Wenn der Beschluss gereift ist, ein altes Haus zu erhalten, muss entschieden werden, welcher Aufwand
getrieben werden soll. Über den finanziellen Aufwand kann jeder allein
entscheiden. Der materielle Aufwand berührt jedoch bei größerem Umfang
eventuell schon bauordnungsrechtliche Fragen und damit die
Genehmigungspflicht, besonders wenn die tragende Konstruktion betroffen
ist. Auch wenn diese beiden Fragen gelöst sind, bleibt noch als drittes
Problem die formale Frage. Kompliziert wird es dabei, wenn der Wunsch
nach "stilgerechter" Sanierung besteht, ein altes Gebäude auch
zweifelsfrei vorhanden ist, aber durch Umbau schon so viel verändert
wurde, dass die Entstehungszeit zumindest äußerlich nicht mehr erkennbar
ist.
Meist wurden bei solchen Gebäuden die Fensteröffnungen und die Fenster
verändert, der Fassadenstuck abgeschlagen und infolge einer
Grundrissänderung der Eingang von vorn nach hinten oder zur Seite
verlegt. Was ehemals der funktionelle und deshalb auch gestalterische
Mittelpunkt der Straßenfassade war, ist jetzt ein auffallend großes
Fenster, eventuell ein Blumenfenster mit außen vorgesetztem Glaskasten.
Dazu kommt noch eine übergroße Schleppgaube, welche auf die Symmetrie
der Fassade keine Rücksicht nimmt und neuerdings ein seitlich
angesetzter Blechkasten mit Flachdach als Garage.
Wenn Veränderungen eine solche Größenordnung angenommen haben, sollte
man nicht den Versuch unternehmen, durch angeklebten Stuck und
kleinkarierte Sprossenfenster die Historie wiederzubeleben. Es wird in
den meisten Fällen mehr oder weniger kläglich enden und den etwas
peinlichen Eindruck einer Kulisse erzeugen. Die Grenzen bei der formalen
Wiederherstellung eines historischen Zustandes sind immer dann erreicht,
wenn keinerlei stilistische Einzelelemente mehr vorhanden sind, die als
Vorbild oder Modell für zu ergänzende Teile dienen könnten. Wer auf
Vermutungen angewiesen ist und Zierelemente erfinden muss, weil nichts
Originales mehr vorhanden ist, sollte bei der Wahrheit bleiben und auf
fragwürdige Zutaten verzichten. Vor den bunten Prospekten mit
"Bauernhausfenstern" und "Stuckelementen für jeden Geschmack" muss
dringend gewarnt werden.
Vorausgesetzt, der Bauherr hat sich die Erforschung der Baugeschichte
seines Hauses nicht zum Hobby gemacht und die Denkmalschutzbehörde hat
keine Auflagen erteilt, ist es besser, mit schlichten und klaren
Elementen, Formen und Farben den Gesamteindruck des Gebäudes in seinen
alten Proportionen wiederherzustellen und dabei auf historisierende
Einzelelemente zu verzichten. Fenster- und Türöffnungen sowie der von
außen sichtbare Eingangsbereich sollten wieder in die alten
Maßverhältnisse und an die alte Stelle zurückgeführt werden. Das Dach
sollte mit einem (möglichst roten) Tondachziegel gedeckt und von
störenden Aufbauten befreit werden.
Allein diese Maßnahmen genügen oft, um ein Gebäude wieder in seine
historische Umgebung einzufügen. Sie sind im Zweifelsfall für die
Gesamtwirkung eines Straßenzuges vorteilhafter als der deutlich
erkennbare Versuch, mit allen Mitteln aufzufallen und damit aus der
Gemeinschaft einer Hausgruppe auszubrechen. Gerade das ist es, was
früher bei ländlichen Wohnhäusern nur ganz selten beabsichtigt war.
Sonderrollen blieben immer auch besonderen Funktionen vorbehalten, z.B.
der Kirche, der Schule oder dem Haus des Dorfschulzen.
• Links: Wiederaufbau (Kopie) eines Giebellaubenhauses, in etwa Orientierung am Original des
späten 18.Jahrhunderts; die Schleppgauben sind Zutaten, die Dachdeckung entspricht
nicht der Bauzeit (Schmiedeberg, Uckermark)
• Mitte: Doppelhäuser, die ewig ungleichen Brüder ... um 1800 (Neubarnim, Märkisch-Oderland)
• Rechts: Wohnhaus der Jahrhundertwende mit Zwerchgiebel und stehenden Gauben
(Dachhäuschen), Ziegeltorpfeiler mit Holztor, um 1900 (Börnicke, Havelland)
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Neubauten im Dorf
Ein neu zu errichtendes Gebäude soll zeitgemäß sein und nicht
historisierend und "altertümlich" gebaut werden, nur weil sich das
Baugrundstück zufällig in einer solchen Umgebung befindet. Ein Neubau
soll als Produkt seiner Zeit erkennbar sein, auch in historischer
Umgebung und auf dem Dorf.
Jedoch soll dieser Neubau Rücksicht nehmen auf das Ensemble und sich
nach Maß und Proportion einfügen in seine nähere Umgebung. Dazu gehören
besonders Gesamtkubatur, Traufhöhe, Dachneigung, Dachdeckung und
Stellung des Gebäudes auf dem Baugrundstück. Sollte das Ensemble, dem
der Neubau eingefügt wird, in seinem baugeschichtlichen
Informationsgehalt sehr wertvoll sein, sind eventuell weitergehende
Forderungen, z.B. durch Erstellen einer Gestaltungssatzung, zu
formulieren. Nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung der Situation
könnten dann auch gestalterische Vorgaben für Dachüberstände,
Dachaufbauten, die Proportionen der Fenster, Farbgebung sowie
Einfriedungen aufgenommen werden.
Dabei sollte bei den gegenwärtigen Diskussionen um Schutz und Bewahrung
historischer Bausubstanz nie vergessen werden, dass einst diese Bauten
selbst Gegenstand hitziger Diskussionen waren, gegen herrschende und
konservative Vorstellungen verteidigt und durchgesetzt werden mussten
und teilweise den erbitterten Angriffen wertkonservativer Bauherren,
Interessenverbände und Architekturtheoretiker ausgesetzt waren. Aus den
Aufzeichnungen und überlieferten Berichten der friderizianischen
Landbaumeister in Brandenburg ist bekannt, wie schwer neue Formen,
Bauweisen und Grundrisse gerade im ländlichen Raum durchzusetzen waren.
Ähnlich gelagerte, jedoch vorrangig ästhetisch geprägte Diskussionen
wurden zur Zeit Schinkels im frühen 19.Jahrhundert oder im Zusammenhang
mit der (teils sozialreformerischen) Heimatschutzbewegung zu Beginn des
20.Jahrhunderts geführt. In beiden Fällen waren die Erhaltung und
Gestaltung des Ortsbildes ein Schwerpunktthema.
Interessant ist hier z.B. die Feststellung, dass so gut wie alles,
was unsere Vorväter unter rein funktionalen Gesichtspunkten
entwickelten, uns heute "schön" vorkommt und sogleich unser
Schutzbedürfnis erweckt. Erinnert sei nur an die sehr stark
landschaftsprägenden Brückenbauten aus Eisen- und Stahlkonstruktionen
des späten 19.Jahrhunderts, die seinerzeit bei ihrer Einführung gerade
von Landschafts- und Heimatschützern auf das Heftigste attackiert wurden
und heute als technische Baudenkmale von zweifellos hohem ästhetischen
Wert bewundert werden.
Vieles von dem, was heute als typisch für eine bestimmte Epoche
der Baugeschichte angesehen wird und formal möglichst unverändert
behütet und erhalten werden soll, wurde in seiner Entstehungszeit als
störend oder geschmacklos empfunden und abgelehnt. In vielen Fällen
wurde auch rücksichtslos zeitgemäße Stilistik den damals vorhandenen
Formen aufgezwungen oder übergestülpt und erst der Abstand aus heutiger
Sicht und der noch größere stilistische Kontrast zu den Formen unserer
Zeit lässt das Ganze zu einer architektonischen Einheit verschmelzen.
Bekanntestes Beispiel in hundertfacher Ausführung: romanische Kirche mit
gotischem Gewölbe, barockem Altar und Orgelprospekt der Gründerzeit.
Pflege, Instandsetzung und Veränderung baulicher Anlagen
Die Kenntnis der historischen Bauformen ist Voraussetzung für eine
sachgerechte Wiederherstellung des äußeren Erscheinungsbildes eines
Baukörpers und damit seiner Wirkung im räumlichen Gesamtbild.
Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Themenkomplexe. Die
Hinweise mussten zwangsläufig allgemein gehalten werden, pauschale
Aussagen für ganz Brandenburg sind nicht möglich. Sie sollen erste
Anregung sein für detaillierte, regional oder örtlich begrenzte
Einzeluntersuchungen.
Baukörper
Die Beurteilung der Baukörper hinsichtlich ihrer Wirkung im Ortsbild
erfolgt allgemein zuerst nach den Gesichtspunkten Länge, Breite, Höhe
und Dachneigung, eventuell werden auch Gliederung der Baukörper sowie
Stellung auf dem Grundstück in die Betrachtung mit einbezogen. Abgesehen
von der Dachneigung sind damit städtebauliche Kategorien nach § 9 Abs.1
BauGB betroffen, die sich einer bauordnungsrechtlichen Regelung
(Gestaltungssatzung) entziehen. Falls kein Bebauungsplan entsprechende
Festsetzungen trifft, sind die vorhandene Situation und das Einfügen
eines geplanten Baukörpers in diese Situation nach § 34 BauGB zu
beurteilen. Demnach ist ein Vorhaben unter anderem dann zulässig, wenn es sich in
die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und das Ortsbild nicht
beeinträchtigt wird. Unter baugestalterischen Gesichtspunkten ist dieser
Rahmen zumindest im schutzwürdigen historischen Bereich zu allgemein
gehalten und damit zu weit gefasst, der Spielraum für gestalterisch
unsensible Bauherren bleibt zu groß.
Wenn die Zerstörung von erhaltenswerten Baukörpern verhindert
werden soll, kann dies schnellstmöglich durch eine Erhaltungssatzung
geschehen. Wenn die weitere Entwicklung von Neubauten (Lückenbebauung,
Ersatzbauten) detailliert gesteuert werden soll, bietet nur der
Bebauungsplan die erforderlichen Möglichkeiten. Es bleibt jedoch bei dem
Grundsatz, dass mit zunehmender Festsetzungstiefe die Anforderungen an die Begründung der Festsetzungen
steigen. Sie sind aus dem schutzwürdigen historischen Umfeld heraus zu
begründen und müssen der Erhaltung der Baukörperstrukturen in diesem
Umfeld dienen. Die Festsetzungen würden dann lediglich den gemäß § 34
BauGB bereits vorgegebenen Rahmen präzisieren und die Vorbildwirkung von
eventuell vorhandenen unerwünschten Ausnahmen ausschließen.
Hinsichtlich Dimensionierung der Baukörper sind für das Land Brandenburg
insgesamt keine allgemeinverbindlichen Aussagen möglich. Als Grundlage
für die weitere Planungsarbeit müssen die Bestandsdaten regional für
abgegrenzte Teilbereiche erfasst und ausgewertet werden. Nicht einmal
für einzelne historische Perioden sind Angaben zur Orientierung möglich.
So beginnen etwa die Grundflächen für Kolonistenhäuser aus
friderizianischer Zeit bei ca. 10 x 8 m (kleines Doppelstubenhaus) und
enden bei ca. 18 x 10 m (z.B. Holländerhaus als Wohnstallhaus), größere
Doppelhäuser konnten noch länger sein. In der Gründerzeit (um 1870-1900)
sind Abmessungen von ca. 7 x 10 m (aus dem Kolonistenhaus
hervorgegangenes kleines halbes Haus) bis ca. 25 x 12 m (Großbauernhaus)
möglich. Die in der Ostprignitz, im Fläming und teilweise auch in der
Niederlausitz errichteten Gebäude mit integriertem Torhaus und Altenteil
("Langhäuser") erreichen teilweise Hauslängen von 30 m.
Der historische Baubestand stellt in der Regel eine Mischung aus
Haustypen und Formen dar, die auch das ehemalige Sozialgefüge eines
Dorfes widerspiegeln und den städtebaulichen Rahmen vorgeben für
Neubauten und Umbauten.
Abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen (z.B. homogene friderizianische
Kolonistensiedlungen oder Bodenreformsiedlungen der Zeit nach 1945) kann
in keiner Gemeinde die pauschale planerische Vorgabe bestimmter
Baukörpergrößen für das gesamte schutzwürdige Gebiet aus dem Bestand
abgeleitet werden. Allgemein ist lediglich der Ausschluss von
unerwünschten (z.B. zu großen) Baukörpern durch planungsrechtliche
Vorgabe von Obergrenzen möglich; hierfür sind allerdings Bebauungspläne
(B-Pläne) erforderlich auf Basis von detaillierten Analysen einzelner
Straßenzüge und/oder Baugruppen.
• Links: Straßendorf mit einheitlichen Baukörpern
in gemeinsamer Bauflucht überwiegend aus der gleichen Bauzeit um
1870-1900 (Stüdenitz, Ostprignitz-Ruppin)
• Mitte: Ungleiche Baukörper aus unterschiedlichen Epochen (um 1800 / um 1900) in direkter Nachbarschaft;
durch Gestaltungssatzung nicht fassbar (Hohennauen, Havelland)
• Rechts: Einheitliche Ausrichtung der Gebäude (Giebelstellung) zum Straßenraum, durchgängig
zweigeschossige Bebauung um 1870; ein typisch sächsisches Dorf, seit
1815 zu Brandenburg (Hirschfeld, Elbe-Elster)
• Links: Absolutes Gleichmaß einer friderizianischen Kolonie für Weber 1774-76; enges Straßendorf mit
geschlossenen Hausfronten über die gesamte Länge des Dorfes (Neu-Friedrichsdorf, Havelland)
• Rechts: Große Unterschiede innerhalb eines Straßenzuges, diffuse Baukörperstruktur aus unterschiedlichen Bauzeiten, durch
Gestaltungssatzung nicht zu fassen (Potsdam-Bornim)
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Dächer und Dachaufbauten
Die Dachlandschaft im traditionellen Brandenburg besteht überwiegend aus
Satteldächern in mittlerer Neigung mit roter Ziegeldeckung. Da die
Wirkung der Dächer besonders im überwiegend eingeschossig bebauten
ländlichen Raum von außerordentlichem Einfluss sowohl auf das innere als
auch das äußere Ortsbild ist, sollte der Dachgestaltung größte
Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die Dachlandschaft prägt das
Siedlungsbild in der Landschaft mit Abstand am meisten.
Gleichzeitig ist jedoch zu vermerken, dass Dächer nicht entstanden sind,
weil sie schön sind, sondern weil sie eine praktische Funktion hatten.
Die Neigung eines Satteldaches wurde nicht unter ästhetischen sondern
unter konstruktiven Gesichtspunkten entwickelt und Dachziegel sind nicht
"naturrot", weil es den Heimatfreunden heute so gut gefällt sondern weil
der verwendete Ton bei der Ziegelherstellung diese und keine andere
Farbe ergab (was gelegentlich auch zu "naturgelben" Biberschwänzen
geführt hat).
Die Baugeschichte zeigt, dass immer, wenn neue technologische
Möglichkeiten zu neuen (besseren und billigeren) Produkten führten,
diese auch eingesetzt wurden und bei erprobter Alltagstauglichkeit eine
weite Verbreitung stattfand. Alles zusammen, verbunden mit dem
jeweiligen Zeitgeschmack, erzeugt Baugeschichte.
Rückblickend muss festgestellt werden, dass die Bereitschaft zur
Mitwirkung im Ensemble früher deutlich über dem heute verbreiteten
Individualismus rangierte. Insofern sollten wir im schutzwürdigen
historischen Dorfbereich den neuen Entwicklungen mit einer gesunden,
aber nicht verkrampften Skepsis gegenüberstehen und darauf achten, dass
neue Formen dem alten Kulturgut einen gewissen Respekt erweisen. Der
gegenwärtige Sachstand ist eben nicht der alles dominierende
Schlusspunkt der Entwicklung sondern nur ein weiteres kleines Steinchen
in der noch lange nicht abgeschlossenen Geschichte des ländlichen
Raumes. Um den Gemeinden die Möglichkeit der Einflussnahme zu sichern,
wurden durch den Gesetzgeber die Rechtsgrundlagen für regulierende
Eingriffe geschaffen.
Das Bedürfnis nach Regelung erzeugt jedoch auch Probleme. Aus den
unterschiedlichen Dachformen und -deckungen des historischen
Baubestandes ergibt sich die Feststellung, dass für die Einheitlichkeit
der Dachlandschaft eines Ortsteiles die Festsetzung von bestimmten
Dachneigungen und Deckungsarten zwar wünschenswert ist, diese
Festsetzung aber unter Umständen nicht den gebäudetypischen Merkmalen
der vorhandenen Haustypen entspricht.
Bei Existenz einer Gestaltungssatzung etwa hat sich die Neueindeckung
eines bestehenden Gebäudes den Vorschriften der Satzung zu unterwerfen.
Falls z.B. vorgeschrieben ist, dass Dächer nur mit naturroten Ziegeln
oder Betonsteinen eingedeckt werden dürfen, wäre die Schieferdeckung für
ein Gebäude der späten Gründerzeit um 1900 in Zukunft ausgeschlossen.
Dies wäre bauhistorisch falsch, weil in der kurzen Zeitspanne zwischen
etwa 1880 und 1910 teilweise sehr hohe Drempel mit flachen Dachneigungen
entstanden, die für Ziegeldeckung nicht mehr geeignet waren (mangelnde
Regen- und Sturmsicherheit). Es wurde deshalb Schalung aufgebracht und
Schiefer genagelt. Schiefer war außerdem in Mode.
Würde aus diesem Grund Schieferdeckung neben roter Ziegeldeckung für
allgemein zulässig erklärt werden, könnten auch Neubauten mit Schiefer
eingedeckt werden, was im märkischen Raum jedoch unüblich ist und
deshalb ausgeschlossen oder zumindest nicht pauschal zugelassen werden
sollte. Man wird also in dem hier beispielhaft konstruierten Fall für
das erhaltenswerte Wohngebäude der späten Gründerzeit eine genau
formulierte Ausnahmeregelung in eine Satzung aufnehmen müssen. Grundlage
für gestalterische Festsetzungen ist immer eine detaillierte
Gebietsanalyse als Vorbereitung und Begründung. Analysen dieser Art sind
wichtig für jede weitere planerische Überlegung und daher auch Grundlage
für Dorfentwicklungsplanungen.
• Links: Alte Biberschwanzdeckung als Kronendeckung auf einem
Bauernhaus um 1820 (Barenthin, Prignitz)
• Mitte: Neue Biberschwanzdeckung als Kronendeckung mit passenden Ortziegeln
/ Ortgangziegeln auf einem Kolonistenhaus im
Oderbruch; vor dem Haus der ortstypische Holzlattenzaun (Neulietzegöricke, Märkisch-Oderland)
• Rechts: Neue Biberschwanzdeckung als Kronendeckung mit passenden Ortziegeln
/ Ortgangziegeln für Hauptdach und Schleppgauben; Umbau und Sanierung einer Dorfschule von 1939 (Staffelde, Oberhavel)
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Die Dachform ist in der Mark Brandenburg traditionell ein
Satteldach mit einer Neigung um 45° (Schwankungen je nach Haustyp). Bei der
Gesamtbetrachtung der Entwicklung bis 1950 stellt sich die Zeitspanne mit
(auch hier nicht durchgängig) relativ flach geneigten Dächern etwa ab 1880
bis 1910 nur als kurze Phase dar; allerdings ist aus dieser Phase besonders
im Umfeld von Berlin und Potsdam einiger Bestand vorhanden, der durch seine
sehr aufwendige Gestaltung bereichsweise auch städtebaulich prägend wirkt.
Bei Neubauten im historischen dörflichen Bereich sollten in Zukunft nur
Steildächer mit den im Umfeld traditionell üblichen Neigungen zugelassen
werden als Sattel- oder Krüppelwalmdächer. Allgemein untypisch sind alle
flachen und nicht ausbaufähigen Dachformen sowie Dächer mit Vollwalm in
allen Varianten.
Als Dachdeckung wurde bei ländlichen Wohngebäuden noch bis
um 1800 meist Reet und Stroh genutzt, später vorzugsweise die Biberschwanz-Deckung,
anfangs meist als Einfach- oder Doppeldeckung, etwa ab 1830-1850 zunehmend als
Kronendeckung. Diese Dachdeckung war schwer und sturmsicher, außerdem dicht und
anpassungsfähig an jede Dach- oder Gaubenkonstruktion. Der Biberschwanz gehört
neben der Hohlpfanne zu den ältesten Materialien für harte, nicht brennbare
Dachdeckungen bei ländlichen Wohngebäuden in der märkischen Kulturlandschaft. Er
kann bei Neudeckung immer dann zum Einsatz kommen, wenn der Wunsch nach weitgehender
Wiederherstellung des formalen äußeren Erscheinungsbildes besteht.
Gegenwärtig sind die Dächer in Brandenburg mit den unterschiedlichsten
Materialien gedeckt, teils mit Dachsteinen (Beton, Eternit usw.), teils
mit Dachziegeln (gebrannter Ton). Seit 1990 wurden viele Dächer auf
historischen Gebäuden wieder neu mit traditionellen naturroten harten
Deckungen eingedeckt. Diese Tatsache trägt sehr zur Harmonisierung des
Siedlungsraumes bei und ist zu begrüßen.
Bei gestalterischen Festlegungen ist immer die Analyse des historischen
Baubestandes ausschlaggebend. Wohngebäude aus der Zeit vor etwa 1870
sollten nur naturrote Biberschwanzdeckung (vorzugsweise Kronendeckung)
erhalten. Für Bauten aus der Zeit etwa ab 1870 bis 1910 stehen mehrere
Varianten zur Verfügung. Neben Biberschwanz sind Doppelmulden-Falzziegel
und Reformpfanne zu nennen. Beide Modelle stammen aus der
Entstehungszeit dieser Hausgruppe und sind in unserem Landschaftsraum
weit verbreitet. Nicht geeignet sind landschaftsuntypische Deckungen,
z.B. stark profilierte oder gewellte süddeutsche Pfannen- und
Hohlfalzziegel sowie alle romanischen Modelle. Auch Flachpfannen (flache
Dachpfannen, Bezeichnung als Gegensatz zu Hohlpfannen) wurden erst um
1920 erfunden. Bei allen Bauten nach dem ersten Weltkrieg können harte
Deckungen in allen Varianten zum Einsatz kommen. Anzustreben sind aber
auch hier mitteldeutsche Formen und möglichst naturrote Farbtöne.
• Links: Alte Biberschwanzdeckung auf einem Doppelhaus, links
als Kronendeckung ("Ritterdach"), rechts als Doppeldeckung (umgedeckt, ursprünglich
Kronendeckung, sichtbar an den alten Deckspuren); der Anschluss ist kritisch, weil nicht ganz
regendicht (Potsdam-Babelsberg, ehemals Kolonie Nowawes)
• Mitte: Hohlpfannendeckung, alte, umgedeckte Ziegel auf einem
Wohnhaus der Bodenreformzeit um 1947 (Kriele, Havelland)
• Rechts: Neue Doppelmulden-Falzziegel auf einem
friderizianischen Kolonistenhaus; historisch falsch, weil dieses Ziegelmodell
zur Bauzeit des Gebäudes 1776 noch nicht existierte, es wurde erst 1881
erfunden bzw. patentiert (Neu-Friedrichsdorf; Havelland)
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Dachüberstände an Ort und Traufe sind ein wichtiges gestalterisches und damit
ortsbildprägendes Element. Unter "Ort" ist die Kante zwischen Giebelwand
und Dachfläche zu verstehen. Wenn eine Dachkonstruktion in ihren
sichtbaren Teilen verändert wird, entsteht eine stilistische Veränderung
des Gebäudes. Soll ein Gebäude als architektonisches oder
kulturgeschichtliches Zeitzeugnis bewahrt werden, setzt dies die
Beibehaltung der wesentlichen sichtbaren Konstruktionsmerkmale voraus.
Allein diese Tatsache verbietet eine deutliche Vergrößerung der
Dachüberstände bei traditionellen märkischen Gebäuden aller Bauphasen.
Die geringen Dachüberstände sind teilweise auch den bescheidenen
märkischen Verhältnissen zuzuschreiben. Die preiswerteste Eindeckung des
Ortes bestand im Führen der Dachlatten direkt auf die Giebelwand und
Aufmörteln der Ziegel auf den Giebel ohne jeden Überstand. Diese Deckung
erfordert keinen Wartungsaufwand und hat in Brandenburg alte Tradition.
Auch das Traufgesims besitzt bei den älteren Gebäuden nur bescheidene
Dimensionen; es ist baugeschichtlich aus der Konstruktion des
Sparrendaches entstanden und hat lediglich die Funktion, die auf den
Außenwänden aufliegenden Balkenköpfe zu verdecken und vor
Witterungseinflüssen zu schützen. Erst bei den aufwendiger ausgeführten
Gebäuden der Gründerzeit wurden auch Traufgesims und Ortgang unter
gestalterischen Aspekten behandelt und dem Zeitgeschmack entsprechend
ausgeführt. Da die Traufe der Straße zugewandt war, wurde hier der
größte Aufwand getrieben.
Bei den älteren Gebäuden sollte deshalb darauf geachtet werden, dass der
Dachüberstand auch über der Traufe möglichst kurz gehalten wird. Eine
Veränderung ergibt sich zwangsläufig bei Umdeckungen durch das
Aufbringen einer Konterlattung und die zwischen diesen Latten liegende
Lüftungsebene, die unter der Traufe mit Insektengitter zu schließen ist.
Dieses Gitter hat keine gestalterischen Auswirkungen, da es von der
Dachrinne verdeckt wird. Wird die Vergrößerung des Dachüberstandes auf
diese konstruktive Maßnahme beschränkt, so ergeben sich gestalterisch
keinerlei Nachteile für das Gebäude.
Dachaufbauten sind insgesamt für historische ländliche Wohngebäude
der Mark Brandenburg untypisch. Abgesehen von den kleinen, nur selten noch
erhaltenen Fledermausgauben auf alten märkischen Häusern tauchen Gauben
in größerer Anzahl erst seit Ende der Gründerzeit nach 1900 auf. Seit
dieser Zeit sind Gauben im ländlichen Raum üblich, bleiben jedoch
weiterhin relativ selten. Eingesetzt wurden dann meist stehende Gauben
(Dachhäuschen), auch durch nachträglichen Einbau auf älteren Gebäuden.
Eine kurze Phase der Fledermausgauben erlebten die 1930er Jahre durch
den Heimatstil / Heimatschutzstil.
Allgemein waren Gauben ursprünglich nicht zur Belichtung von Wohnräumen
vorgesehen. Sie dienten nur zur Lüftung und Belichtung von Flur oder
Treppenraum. Der Mittelteil des Dachraums wurde nicht für Wohnzwecke
genutzt. Wohnräume waren nur an den Giebelseiten eingebaut und erhielten
Licht und Luft über Normalfenster. Dieses Prinzip hatte formal zur
Folge, dass im mittleren Dachbereich nur wenig Lichtbedarf bestand und
die Dachflächen kaum durch Aufbauten gestört wurden. Mit Einführung der
Drempelzone konnten Kammern in den Abseiten untergebracht und diese
sowie der Treppenraum über Drempelfenster belichtet werden; damit waren
Gauben vollkommen überflüssig. Da Größe und Ruhe einer geschlossenen
Dachfläche maßgeblich die gestalterische Wirkung der märkischen
Wohngebäude bestimmen, ergibt sich das Ziel, diese Wirkung weitgehend zu
erhalten.
Wenn Gauben zugelassen werden, sollte ihre Gesamtbreite nicht mehr als
30 % der Dachbreite des Hauptdaches betragen. Die nach dem Gaubeneinbau
verbleibende Dachfläche eines traditionellen Wohngebäudes darf nicht so
weit reduziert werden, dass sie nur noch die Umrahmung der Gaube
darstellt. Falls Dachflächenfenster auf der Straßenseite eingebaut
werden, sind Gestaltung und Symmetrie der Fassade zu respektieren und
beim Einbau zu beachten, auch wenn dies bei der gegebenen Lage der
Dachsparren nicht immer leichtfällt. Die Fenster sollten so klein wie
möglich gehalten werden, das Format sollte ein Hochformat sein. Sowohl
Gauben als auch Dachflächenfenster sollten immer in den Achsen der
Fassadenfenster angeordnet bzw. bei vorhandener Fassadensymmetrie
symmetrisch in die Dachfläche eingefügt werden.
• Links: Fledermausgaube in alter Tradition als qualitätvoller Neubau
auf einem Fachwerkhaus (um 1800). Die alte Biberschwanz-Kronendeckung wurde als Doppeldeckung
wieder verwendet (Groß Neuendorf, Märkisch-Oderland)
• Mitte: Dachüberstand am Ort (Giebelkante) nur geringfügig vergrößert;
akzeptable Lösung bei der Sanierung eines kleinen Mittelflurhauses; Giebel verbrettert,
Biberschwanz-Kronendeckung aus alten umgedeckten Ziegeln (Paaren im Glien, Havelland)
• Rechts: Zwerchgiebel, hier als Schildgiebel, und stehende Gauben
(Dachhäuschen), Ziegel-Schmuckfassade von 1909, leider mit einer formal völlig unpassenden
Einfriedung (Stülpe, Teltow-Fläming)
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Zwerchgiebel sind auf der Traufseite des Gebäudes in der Fläche der Fassade liegende,
über die Traufe hervortretende Giebel mit einem eigenen kleinen Dach,
dessen First quer zum Hauptdach liegt. Der Giebel dieses kleinen
Häuschens befindet sich damit quer zum Hauptgiebel (zwerch von
mittelhochdeutsch twerch, dwerch = quer, schräg, verkehrt).
Zwerchgiebel sind keine Dachaufbauten, sie werden nur an dieser Stelle
behandelt, weil sie sich gestalterisch auf der Ebene von Gauben
befinden. Sie sind allgemein massiv ausgeführt und wirken auch optisch
als Fortsetzung der Fassade und nicht als Element des Daches. Die Last
der Außenwand des Zwerchgiebels wird vom Mauerwerk der Hausfassade
getragen, nie von der Decken- oder Dachkonstruktion. Eine optische
Täuschung tritt für den Laien dann auf, wenn durch großen traufseitigen
Dachüberstand die Dachrinne und einige Ziegelreihen vor dem Giebel
durchlaufen und so den optischen Zusammenhang zwischen Zwerchgiebel und
Fassade unterbrechen.
Allgemein sind Zwerchgiebel in den meisten märkischen Dörfern nicht als
typisch zu bezeichnen. Sie fügen sich jedoch fast immer problemlos in
das Ortsbild ein, sollten daher bis auf begründete Ausnahmen auch
zulässig sein und durch Satzung nicht ausgeschlossen werden. Jedoch
sollte auch hier die Breite des Zwerchgiebels auf etwa 30 % der
Hauptfassade beschränkt bleiben.
Türen, Fenster und Fensterläden
Türen und Fenster können mit relativ geringem Aufwand erneuert, umgebaut
oder verändert werden. Von dieser Möglichkeit hat man zu allen Zeiten
Gebrauch gemacht, besonders in der Zeit etwa ab 1960 nicht immer mit
gestalterischem Erfolg, wie viele Beispiele belegen.
Türen und der Eingangsbereich insgesamt gelten als die Visitenkarte eines
Gebäudes; entsprechend viel Sorgfalt wurde für die Gestaltung verwendet.
Neben formalen Aspekten bestehen funktionelle Aufgaben: Belichtung des
Hausflurs sowie Schutz vor Witterung und Einbruch. Aus diesen Funktionen
entstanden die alten Türen mit einem stabilen Türblatt aus Holz, Kämpfer
und Oberlicht (als Kämpfer bezeichnet man das fest eingebaute Querholz
zwischen Türblatt und Oberlicht). Diese nicht nur in Brandenburg
traditionelle Bauart der Türen erfüllt auch heute noch sämtliche
Ansprüche; es gibt keinen vernünftigen Grund, im historischen Umfeld von
diesem Prinzip abzuweichen.
In den letzten Jahrzehnten wurden durch Umbau der Fassade viele Türen
von ihrer ursprünglichen Stelle an der Straßenfassade nach hinten
verlegt; Haustüren treten daher heute in einigen Ortsbildern nicht mehr
im ursprünglichen Maße in Erscheinung. Aus Sicht der Ortsbildpflege
besteht die Aufgabe, den Rückbau der Haustür wieder an der alten Stelle
zu fördern, um dem ursprünglichen Charakter der Gebäude zu entsprechen.
Nach Möglichkeit sollte dabei der Nachbau eines historischen Vorbildes
in Auftrag gegeben werden, aus finanziellen Gründen auch eine schlichte
und sachliche Form unter Verzicht auf freie Erfindung von Ornamenten.
Die alten Rohbaumaße der Tür sind zu beachten, eine alte Türöffnung
sollte auch aus bauordnungsrechtlichen Gründen (Genehmigungspflicht)
nicht verändert werden. Wer die Möglichkeit hat, über den Fachhandel mit
historischen Bauelementen eine gut erhaltene und passende
bauzeittypische Tür zu erwerben, sollte diese Möglichkeit nutzen.
Fachgerecht ausgebaute und gelagerte historische Haustüren lassen sich
überwiegend problemlos durch einen Tischler aufarbeiten und mit einem
neuen Rahmen wieder einsetzen.
• Links: Eingangsgestaltung um 1880, portalartiger Eingangsbereich
mit Pilastern und Gebälk, typische und unverändert erhaltene Gründerzeittür als
Dreifüllungstür mit Oberlicht (Lühsdorf, Potsdam-Mittelmark)
• Mitte: Detail einer Haustür in Restaurierung, abgebeizt, Original-Applikationen
aus Zinkguss (oder Bleiguss), Türknäufe und Türdrückergarnitur aus Messingguss, formal alles noch
spätklassizistisch / Biedermeier, nachweislich jedoch nicht vor 1875 (Rieben, Potsdam-Mittelmark)
• Rechts: Haustür als Nachbau eines historischen Vorbildes, perfekte
Neuanfertigung für ein Bauernhaus von 1908 nach der ehemals noch vorhandenen, aber nicht mehr
restaurierungsfähigen Originaltür (Kuhbier, Prignitz)
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Wenn Sie einen architekturgeschichtlichen Überblick über die Entwicklung und Gestaltung
von Haustüren in der brandenburgischen Stadt Neuruppin sehen wollen, dann klicken Sie hier:
►. Die
Türgestaltung in den Dörfern war meist schlichter und bescheidener, formal aber dennoch
vergleichbar, wie die drei vorstehenden Bilder zeigen. Die kleinen Städte haben den Dörfern
schon immer als Vorbild bei der Ausführung von Architekturdetails gedient, die wirtschaftlichen
und sozialen Kontakte waren mindestens durch die Markttage regelmäßig und teilweise auch eng.
Fenster stammen meist nicht mehr aus der Bauzeit der Gebäude,
auch ältere und aus gestalterischer Sicht bereits erhaltenswerte Formen. Fenster
unterliegen einem hohen Verschleiß und wurden deshalb häufiger
ausgetauscht. Der Einbau der neuen Fenster erfolgte dann nach dem
Geschmack und den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit. Die
größte Umbauwelle fand in den 1950er bis 1970er Jahren statt. Die
formalen Schäden aus dieser Zeit sind für die historische Bausubstanz
besonders schwerwiegend, weil nicht nur Fenster oder Türen in den
vorhandenen Öffnungen erneuert sondern auch die Maueröffnungen verändert
wurden. Meist hat man die Fenster verbreitert, entweder durch Erweiterung
der Fenster oder durch Zusammenfassung von benachbarten Fenstern. Aus
hochformatigen (stehenden) Fenstern wurden querformatige (liegende).
Hochformatige Fenster sind historisch nicht aus modischen oder formalen
Gründen entstanden sondern aus konstruktiven Gründen. Sowohl im Holzbau
als auch im Massivbau war die Herstellung breiter Öffnungen
materialintensiver, konstruktiv aufwendiger und damit teurer.
Interessant ist, dass in den meisten Fällen die Lichtmenge der alten
Fenstermaße auch heute noch die Forderung der aktuellen Baugesetze
erfüllt. Zur ausreichenden Belichtung und Belüftung von
Aufenthaltsräumen muss gemäß BbgBO die Summe der
Fensteröffnungen eines Raumes im Rohbaumaß mindestens ein Achtel der
Grundfläche des Raumes betragen. Diese Lichtmenge wird mit den alten
Fenstermaßen fast immer erreicht. Hinzu kommt der Umstand, dass
hochformatige Fenster wesentlich mehr Licht im Raum bringen als
querformatige, auch bei gleich großer Fläche. Die Höhe eines Fensters
ist entscheidend für die Ausleuchtung eines Raumes, nicht die Breite.
Man beachte in diesem Zusammenhang die Lichtwirkung der alten
Kirchenfenster.
Nur in wenigen Fällen existieren noch Gebäude mit alten
Kreuzstockfenstern; in allen Fällen sind diese nicht mehr original (von
einigen Baudenkmalen abgesehen), sondern formal angeglichene Nachbauten.
Das Prinzip der frühen Kreuzstockfenster noch in barocker Tradition
besteht aus einem fest in die bauseitige Öffnung eingesetzten
Zargenrahmen, in welchen wiederum senkrechte (Pfosten, Stock) und
waagerechte Hölzer (Querhölzer) ebenfalls fest eingebaut wurden. Dadurch
entstanden vier gleich große Öffnungen für jeweils einen Fensterflügel,
der bei entsprechend hohen Fenstern noch mit einer Quersprosse geteilt
war. Die Scheiben wurden noch bis etwa 1800 ohne Kitt eingesetzt, das
Glas war trüb und schlierig. Später wurden die festen Querhölzer nach
oben verlagert, so dass sich oben kleine quadratische und unten hohe
rechteckige Flügel ergaben, was den Vorbildern des städtischen
Klassizismus entsprach. Dieser Wandel muss sich über einen langen
Zeitraum vollzogen haben, beginnend etwa 1780. Noch um 1900 dürfte die
Hälfte der Wohngebäude im ländlichen Raum mit Kreuzstockfenstern in
barocker Teilung ausgestattet gewesen sein, wie historische Fotos
vielfach belegen. Im bäuerlichen Bereich waren die Fenster klein, bei
einigen Kolonisten-Häusern tauchen jedoch erstaunlich große Fenster
schon um 1750 auf (ca. 1,50 m²), weil teilweise Heimarbeit zu leisten
war und dafür viel Licht benötigt wurde (Weber, Wollspinner, Uhrmacher).
• Links: Tür, Fenster, Klappläden bei einem Nachfolge-Kolonistenhaus der Zeit um 1830. Tür mit Oberlicht,
Kreuzstockfenster in barocker Teilung und Klappläden als formale
Einheit, Teilung auf gleicher Höhe. Die Betontreppe ist ein Werk der
jüngeren Vergangenheit, die Spritzwasserschäden sind unübersehbar. (Neulietzegöricke, Märkisch-Oderland)
• Mitte: Eingangsgestaltung bei einem Wohnhaus um 1880. Betonter Eingangsbereich (Risalit), Tür der späten Gründerzeit mit
Oberlicht, Kämpfer-Fenster ohne Sprossen, Ausstattung bereits mit Rollläden. (Stolzenhagen, Barnim)
• Rechts: Moderne Tür als Neubau, schlichte klare Formen bei Orientierung an der Tradition (Marwitz, Oberhavel)
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Die meisten der heutigen, noch aus der Zeit vor etwa 1920 stammenden
Fenster sind typische Gründerzeitfenster. Diese bestehen aus dem fest in
der Maueröffnung eingebauten Blendrahmen und dem ebenfalls fest
eingebauten Kämpfer (Querholz) im oberen Drittel des Fensters. Die
verbleibenden Flächen (Ober- und Unterfenster) wurden ursprünglich noch
in klassizistischer Tradition durch fest eingebaute senkrechte Pfosten
(Stock) geteilt, womit unten zwei hohe rechteckige und oben zwei
quadratische Öffnungen für die Fensterflügel entstanden. In der
Folgezeit wurde der Stock weggelassen, es ergaben sich zweiflügelige
Ober- und Unterfenster. Nur die beiden unteren Hauptflügel wurden
anfangs noch durch eine Quersprosse geteilt, so dass die Gesamthöhe der
Fenster dreigeteilt war. Diese klassische 2/3-Teilung ergibt 6 gleich
große, möglichst quadratische Scheiben. Da die beiden Sprossen zumindest
seit der Gründerzeit nur noch gestalterische Funktion hatten (große
Glasscheiben waren inzwischen billig), wurden sie häufig durch den
Glaser ausgebrochen und die Zapfstellen verkittet. In der Folgezeit
(etwa ab 1880) wurden die Quersprossen in den unteren Hauptflügeln gar
nicht mehr eingebaut; der Kämpfer behielt seine Position auf
ursprünglicher Höhe bei.
Wenn Fenster erneuert werden sollen und der Wunsch besteht, den
historischen Charakter des Gebäudes nicht grundlegend zu verändern, ist
besonders auf die Beibehaltung der ursprünglichen Formate zu achten. Die
Veränderung von Fensteröffnungen gehört zu den Eingriffen in die
tragende und damit konstruktive Bausubstanz, sie war deshalb
bisher genehmigungspflichtig, nur der Einbau von Fenstern in die dafür
bestimmten (also bereits vorhandenen) Öffnungen war nach der alten BbgBO genehmigungsfrei.
Mit der aktuellen Fassung der BbgBO ist diese Pflicht entfallen, jetzt
dürfen auch Fenster und Türen sowie die dafür bestimmten Öffnungen ohne
Genehmigung verändert werden. Das erleichtert den Rückbau und die
Wiederherstellung von historischen Fensterformaten, aber leider auch die
Veränderung erhaltenswerter historischer Formate.
Aus dieser Situation entsteht für die Dörfern ein Problem bei der
Ortsbildpflege. Sowohl die Fensterformate als auch die Teilung und damit Gestaltung der Fenster dürfen ohne
Genehmigung verändert werden. Wenn eine Gemeinde in ausgewählten
Bereichen ihr historisches Erscheinungsbild bewahren oder
wiederherstellen will, besteht die
einzige Lösung im Erlass einer Gestaltungssatzung.
Wenn der historisch getreue Nachbau eines Fensters nicht möglich ist,
wird ein schlichtes zweiflügeliges Holzfenster ohne Sprossen immer die
beste Lösung sein; es wirkt wesentlich angenehmer als ein durch Messing-
oder Plastikstreifen in Kästchen geteiltes einflügeliges
Dreh-Kippfenster. Beim zweiflügeligen Fenster ergibt sich eine echte,
weil konstruktiv erforderliche senkrechte Teilung. Die beiden
Rahmenhölzer der Fensterflügel, welche sich in der Mitte des Fensters
treffen, bringen zusammen mit der Deckleiste das richtige optische
Maßverhältnis und Profil. Unbewusst merkt jeder sofort, dass hier formal
"alles stimmt".
Fensterläden (Klappläden) sind in Brandenburg insgesamt nur noch wenig, in einigen Regionen jedoch
noch erstaunlich häufig vorhanden. Klappläden sind ein altes
Funktionselement, das gern zur Fassadengestaltung betont wurde. Die
alten ländlichen Wohngebäude hatten ursprünglich alle Klappläden, ebenso
die Bodenreformhäuser. Nach ihrer Konstruktion unterscheidet man:
Füllungs-Klappen (zweigeteilter Rahmen mit Füllflächen aus Holz, Teilung auf Höhe des
Fensterkämpfers);
Brett-Klappen (rahmenlose Klappen aus senkrecht zusammengefügten Brettern oder
ungeteilter Rahmen mit fest und meist waagerecht eingebauten Füllbrettern);
Brettchen-Klappen (geteilter oder ungeteilter Rahmen mit fest oder beweglich eingebauten,
waagerechten, lamellenartigen Leisten, "Brettchen" genannt).
Mischformen zwischen den Varianten sind möglich. Der Abstand zwischen
zwei Fenstern ergab sich aus dem Maß von zwei Klappen, gelegentlich
(selten) war der Abstand auch geringer, so dass die mittleren Läden im
aufgeklappten Zustand übereinander lagen.
• Links: Alte Vorsatzrollläden mit verzierten Rollladenkästen ("Lambrequins" aus Blech)
aus der Zeit um 1880-1900, ein seltenes Beispiel in guter Erhaltung. Große schwere zweiflügelige Haustür (gleichzeitig
Durchfahrtstor) der Gründerzeit, Fenster nicht mehr original (Baruth, Teltow-Fläming)
• Mitte: Alte Kreuzstockfenster in klassizistischer Teilung, je Unterflügel eine Sprosse, formal
angeglichene Füllungs-Klappen mit Teilung auf Höhe der Fensterteilung, um 1860 (Altranft, Märkisch-Oderland)
• Rechts: Tür, Fenster, Klappläden als Neubau bei Orientierung an historischen Vorbildern der Region. Tür
mit Oberlicht, Kämpfer-Fenster, Brettchen-Klappen mit beweglichen
Lüftungsbrettchen im unteren Feld, eine im Oderbruch weit verbreitete
Tradition (Neurüdnitz, Märkisch-Oderland)
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Farbgebung und Fassadengestaltung
Fassadengestaltung beschränkt sich nicht allein auf Farbe; es gehören
auch Putz, Stuck, Traufgesims, Wärmedämmung, Sockelmauerwerk, Türen,
Fenster, Fensterläden und Fensterbänke dazu, um nur die wichtigsten
Elemente zu nennen. Wer diese Fragen nicht vor Baubeginn im Zusammenhang
betrachtet, kann böse Überraschungen erleben.
Wer eine Fassadendämmung aufbringen will, muss das vor der Montage von
Fenstern und Klappläden wissen, weil die Fensterlaibungen mit gedämmt
werden müssen. Ungedämmte äußere Fensterlaibungen erzeugen
Schimmelbildung auf den inneren Laibungen. Die neuen Fenster müssen also
entsprechend kleiner bestellt werden, die Klappläden brauchen spezielle,
auf die Dicke der Dämmung abgestimmte Halterungen und die Dachüberstände
sind entsprechend zu vergrößern. Wer ein Traufgesims aufbringen will,
hat das gleiche Problem, auch hier ist der Dachüberstand zu beachten.
Fassadenputz und Putzstruktur sind ebenfalls ein gestalterisches
Element. Grobstrukturierter Putz wirkt durch seine eigene
Schattenbildung auf der Fläche dunkler, der Anstrich muss also etwas
heller gewählt werden, um den gewünschten Farbton zu erreichen, usw.
Gegenwärtig sind erkennbare konzeptionelle Farbgestaltungen nur selten
anzutreffen. In den meisten Fällen hat man sich bei den Wohngebäuden für
unverbindliche helle Pastelltöne entschieden, weil diese in ihrer
Wirkung am sichersten zu kalkulieren sind. Bei den einfachen und älteren
Gebäuden konzentriert sich der Einsatz von Farbe auf Türen und
Klappläden, bei den Bauten der Gründerzeit treten die
Ziegel-Stuck-Fassaden am deutlichsten hervor, weil schon die intensive
Materialfarbe der Ziegelflächen im Kontrast zu Stuck und Putzflächen
auffällt. In den Ziegelregionen ergibt sich eine insgesamt intensivere
Farbigkeit allein aus diesem Material im Zusammenspiel mit Türen,
Fenstern und Klappläden. Fast immer bleibt aber die Gestaltung nur auf
das Einzelobjekt beschränkt, der Zusammenhang zwischen allen Gebäuden
einer Hofanlage incl. Einfriedung wird fast nie beachtet.
Jedoch sind in den letzten Jahren im historischen Bereich zunehmend sehr
qualifizierte Sanierungen zu beobachten, die offenbar in ihrem Umfeld
einen gewissen Motivationsschub ausgelöst haben und als Anregung und
Vorbild verstanden wurden. Auch sind ganze Dörfer inzwischen deutlich
als Objekte der Dorferneuerung zu erkennen.
Grundsätzlich sollte bei sachgerechter Sanierung und Instandsetzung
eines historischen Gebäudes zuerst versucht werden, durch Untersuchungen
am Gebäude die ursprüngliche Farbfassung nachzuweisen; teilweise treten
dabei überraschende Ergebnisse zutage. Falls eine solche Untersuchung
kein Ergebnis bringt, sollte man sich bei der Farbgestaltung an
allgemeinen Befunden und Berichten aus der Baugeschichte bzw. der
Fachliteratur orientieren; eine Dorferneuerungsplanung hat dazu die
entsprechenden Angaben zu liefern.
Insgesamt ist dieses Thema nicht ganz einfach, weil für den Baubestand
des 19.Jahrhunderts, mit dem sich die Dorferneuerung überwiegend zu
befassen hat, sehr unterschiedliche und teils widersprüchliche Angaben
vorliegen. Eine klare, nach den Phasen der städtischen Baugeschichte
sortierte Entwicklung des Farbgeschmacks scheint es im ländlichen Raum
nicht gegeben zu haben. Vermutlich ist die Landbevölkerung
unverkrampfter mit Farbe umgegangen als das durch Repräsentationsbauten
beeinflusste Bildungsbürgertum der Städte.
• Links: Farbe am Bauernhaus aus der Zeit um 1870 in schlichter Ausführung, sorgfältig ohne
gestalterische Zutaten saniert und farblich neu interpretiert (Liepe, Havelland)
• Mitte: Farbe durch Material an einem alten märkischen Fachwerkhaus aus der Zeit um 1800;
Holzelemente mit Lasur behandelt, Gefache weiß geputzt, die
Fachwerkhölzer noch ohne Endbehandlung (Schmargendorf, Uckermark)
• Rechts: Farbe am Baudenkmal, denkmalgerechte Sanierung und Farbgebung für ein friderizianisches
Weberhaus aus der Zeit um 1780; die Tür mit dem damals weit verbreiteten Rautenmuster (Kloster Zinna, Teltow-Fläming)
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Ältere märkische Wohnhäuser aus der Zeit vor etwa
1870 sind so gut wie nie in ihrer ursprünglichen Farbgestaltung erhalten.
Soweit die einfachen Wohngebäude in friderizianischer Tradition überhaupt
verputzt und nicht nur geschlämmt waren, hatten sie immer Glattputz,
naturbelassen, nur gekalkt oder mit hellen, mineralischen Farben beschichtet.
Besonders zeittypisch waren helle Ocker-, Gelb- oder auch Grautöne,
bekanntester Farbton ist das sogenannte "Preußisch-Ocker"
(wie dieser Farbton hergestellt wurde, findet man z.B. beschrieben bei
Accum 1826, Band 2 ab Seite 338, siehe Literaturverzeichnis im Teil 5).
Der Sockel wurde ebenfalls verputzt (häufig ohne Farbdifferenzierung)
oder als Ziegel-Sichtmauerwerk ausgeführt. Fenster erhielten allgemein
helle (weiße) Farbe, Türen und Klappläden dunklere Blau-, Grün- oder
Brauntöne. Es wird jedoch auch von grauen, graublauen oder holzfarbenen
Fensterlasuren berichtet. Insgesamt gilt die gesamte durch den Klassizismus
geprägte Zeit als zurückhaltend in der Farbgebung, auch war das Problem
der Witterungsbeständigkeit von Farben nur unvollkommen gelöst.
Gleichzeitig liegen Hinweise vor, welche besagen, dass gerade die
älteren, einfachen und kleinen Bauernhäuser mit den kräftigsten Farben
bearbeitet wurden. Aus der Denkmalpflege wird berichtet, dass bei Bauten
der friderizianischen Kolonistendörfer im Oderbruch farbenfrohe
Anstriche für Fachwerk und Fächer üblich waren (Rot, Ocker, Gelb, Braun;
auch Grau, Weiß oder Grün).
Bauten der Gründerzeit und Folgejahre etwa ab 1870-1910
erhielten nach dem Zeitgeschmack mineralische Pastell- oder Erdfarben (Ocker,
Altrosa, Gelb, Hellgrau) auf Glattputz, Stuckteile und sonstige Montagestücke
blieben naturbelassen oder weiß. Fenster erhielten meist weiße, Türen dunkle
Ölfarben (Braun-, Bordeaux-, Grüntöne). Rollläden wurden unterschiedlich
behandelt, zu beobachten ist eine Abstimmung auf die Pastellfarben der
Fassade. Der Kellersockel wurde als Klinkersichtmauerwerk ausgeführt
oder verputzt und in abgetönter (abgedunkelter) Fassadenfarbe behandelt.
Fenster im städtischen Raum haben auch farbige Fassungen erhalten; ob
das im ländlichen Raum übernommen wurde, bleibt unklar.
Eine besondere Rolle innerhalb dieser Gruppe spielen die Fassaden aus
Ziegelsichtmauerwerk in Kombination mit Stuck. Hier ergibt sich die
Farbgestaltung bereits aus den Farben der Materialien. Falls der Zustand
des Mauerwerks eine Sanierung rechtfertigt, sollten Ziegel- bzw.
vorgeblendete Klinkerfassaden immer erhalten werden. Das Material
liefert auch eine gewisse Logik der Farbgebung. Da der gesamte Stuck der
Gründerzeit als industriell vorgefertigte Massenware aus Gips oder
Zementguss hergestellt wurde (zu dieser Zeit war kein echter
Schablonenstuck mehr üblich), war er schon deshalb weiß oder hellgrau.
Er wurde nur noch einmal weiß geschlämmt oder übergestrichen zur
Egalisierung und Kaschierung der Montagestellen. Daraus ergibt sich der
Vorteil, dass bei Beschädigungen oder Abplatzungen kaum etwas zu sehen
ist. Die Farbe der in Kontrast gesetzten Klinkerfläche entspricht der
natürlichen Farbe des Tons, ebenso bei Dachziegeln (falls keine Glasur
oder Engobe aufgetragen wurde). Putz wiederum ist in seiner natürlichen
Farbe nicht weiß und bildet daher ebenfalls einen natürlichen Kontrast
zum Gips; dieser Kontrast wurde durch Anstrich nur noch gering
verstärkt. Insgesamt ein schönes, aus dem Material abgeleitetes
Farbkonzept, das sich sinngemäß auch bei Neubauten anwenden lässt.
Weitere Informationen zur brandenburgischen Ziegelarchitektur und zu den
Stuckfassaden der Gründerzeit finden Sie im Teil 4 zu dieser Webseite,
siehe direkt hier:
►.
• Links: Farbe durch Material, Kontrastwirkung zwischen roter Ziegelverblend-Fassade
und naturbelassenen Stuckteilen an einem Wohnhaus um 1900 (Werder, Potsdam-Mittelmark)
• Mitte: Preußisch Ocker an einem bescheidenen Wohnhaus um 1750 (umgebaut 1870),
im Kontrast zu weißen Fenstern und formal passenden blauen Klappläden (Alt Geltow, Potsdam-Mittelmark)
• Rechts: Farbe durch Material, Kontrastwirkung zwischen roter Ziegelfassade und
weiß beschichteten Stuckteilen an einem Bauernhaus um 1900 (Klein Gottschow, Prignitz)
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Nach dem ersten Weltkrieg wurde im Wohnungsbau nur noch sehr zurückhaltend Farbgestaltung
betrieben (abgesehen von wenigen avantgardistischen städtischen Bauten
der 1920er Jahre). Allgemein blieb man bei hellen, mineralischen
Farbtönen auf Glattputz, etwa ab Mitte der 1920er Jahre wurde meist ganz
auf Farbe verzichtet und die Fassade mit naturbelassenem Kratzputz
versehen. Fenster erhielten weiterhin weiße Ölfarbe, Klappläden und
Türen wurden unterschiedlich, meist in abgetönten dunkleren Farben
behandelt. Die Ausführung der Kellersockel erfolgte meist als
Klinkersichtmauerwerk, nur selten noch unter Putz in abgetönter (meist
abgedunkelter) Fassadenfarbe.
Gestaltungsprinzip auch für Neubauten sollte eine Farbgestaltung mit wenigen Farben und
Materialien sein, die dann bei möglichst allen Gebäuden des Hofes bzw.
allen Teilen eines Baukörpers immer wieder eingesetzt werden. Dieses
Prinzip erzeugt Ruhe und Ausgeglichenheit in der Gesamtwirkung.
Besonders bei Umbauten und Sanierungen lassen sich auch formal schlecht
oder gar nicht harmonierende Bau- und Gebäudeteile zu einer
gestalterischen Einheit zusammenfügen.
Bei der Farbgebung für Fenster ist zu beachten, dass dunkle Farben sich bei Sonneneinstrahlung
wesentlich mehr erhitzen als helle und damit das Dehnungsverhalten des
Materials stark beeinflussen. Die Instandsetzung und Neubeschichtung von
alten, ursprünglich weiß gestrichenen Holzfenstern mit dunklen Farben
kann Schäden durch Verformung provozieren, je nach Zustand und
Konstruktion.
Ein dunkelbrauner Anstrich erzeugt z.B. im Extremfall
Oberflächentemperaturen bis zu 80°C. Da im Winter Temperaturen von -20°C
auftreten können, sind dunkelbraune Fenster einer Gesamtschwankung von
etwa 100°C ausgesetzt. Dieser Belastung ist eine alte Holzkonstruktion,
zumal in der filigranen Ausführung der historischen Fenster, auf Dauer
nicht gewachsen. Weiß gestrichene Holzfenster halten am längsten. Das
Holz arbeitet nur wenig, dadurch hält die Farbe länger (weil sie nicht
reißt), und dies wiederum hat zur Folge, dass die Holzteile besser vor
Feuchtigkeit (auch Luftfeuchtigkeit) geschützt sind; Quellvorgänge im
Holz werden vermieden.
Nachträgliche Wärmedämmung stellt ein besonderes Problem bei der Fassadengestaltung und somit der
Ortsbildpflege dar. Es muss abgewogen werden zwischen dem
bauphysikalischen Gewinn und dem Schutzanspruch einer ortsbildprägenden
Fassadengestaltung.
Wärmedämmung von Fassaden ist grundsätzlich außen aufzubringen.
Innendämmung kommt nur unter fachgerechter Planung bei schutzwürdigen
oder profilierten Fassaden zum Einsatz, die nicht verändert werden
sollen. Alle normalen bzw. glatten Fassaden werden von außen gedämmt.
Das Prinzip der Fassadendämmung beruht auf dem Grundsatz, dass nicht nur
die Raumluft der Innenräume, sondern möglichst auch alle Teile der
raumumschließenden Baukonstruktion (also die Außenwände) vor Auskühlung
bewahrt werden sollen, unter anderem um Kältestrahlung der Konstruktionsteile zu
verhindern. Wohngebäude ohne erhaltenswerten Fassadenschmuck sollten
daher immer von außen gedämmt werden. Diese Ausführung ist konstruktiv
sicherer, bauphysikalisch wesentlich vorteilhafter und die
Oberflächentemperatur auf den Wand-Innenseiten höher.
• Links: Farbdetails an einer Haustür aus der Zeit des Jugendstil um 1905, liebevoll
gestaltet und gepflegt (Marwitz, Oberhavel)
• Mitte: Totalsanierung mit neuen Bauteilen in gelungener Kombination von Farbe und Material
(Grubo, Potsdam-Mittelmark)
• Rechts: Farbe durch Material, Kontrast zwischen gelber Ziegelfassade und schlichten, weiß
beschichteten Stuckteilen an einem Bauernhaus um 1910 (Kemnitz, Teltow-Fläming)
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Ein weiteres Problem bei der Außendämmung entsteht durch die
aufgetragene Dämmstoffdicke. Einige Bauteile des Gebäudes müssen
angepasst werden. Betroffen sind Abdeckungen und Anschlüsse, z.B.
Fensterbrüstungen und Giebelkanten (Ort). Beim märkischen Giebel mit dem
geringen oder gar nicht vorhandenen Überstand der Dachdeckung am Ort
überdecken die Dachziegel nicht mehr die außen aufgebrachte Dämmung. Die
Überdeckung muss wieder hergestellt werden, das heißt, es muss
nachgedeckt werden. Wenn ohnehin eine Totalsanierung angesagt ist,
entstehen keine Probleme, da bei einer Dachneudeckung meist auch die
Latten ausgetauscht werden und somit die neue Deckung der gedämmten
Fassade angepasst werden kann. Auch wenn nur die Fassade gedämmt werden
soll und der Dachüberstand am Ort nicht ausreicht, sollte der Aufwand
nicht gescheut und eine fachgerechte Überdeckung hergestellt werden. Der
Dachdecker hat dafür Lösungsmöglichkeiten.
Technische Anlagen am Gebäude
Antennen ("Satellitenschüsseln") und Solaranlagen beeinträchtigen
teilweise erheblich das Erscheinungsbild eines historischen Gebäudes und
damit auch das Ortsbild insgesamt. Antennen und sonstige private Sende-
und Empfangsanlagen sollten deshalb innerhalb des Dachraumes oder an
einer vom öffentlichen Straßenraum aus nicht einsehbaren Dach- oder
Fassadenfläche angebracht werden. Für Solaranlagen (Dachkollektoren)
gilt das gleiche Prinzip. Sie sollten farblich der Dachdeckung angepasst
oder besser auf der Dachfläche eines Nebengebäudes montiert werden.
Zumindest eine farbliche Angleichung ist nach dem heutigen Stand der
Technik möglich. Wer mehr Geld investiert, findet inzwischen
Solardachziegel (Solarziegel, Photovoltaik-Dachziegel), die optisch
kaum noch von normalen Dachziegeln zu unterscheiden sind.
• Schüsseln am Bauernhaus als gestalterisches Problem. Links
ein in allen Details perfekt erhaltenes Haus aus der Zeit um 1910, zweifarbiges
Verblendmauerwerk, Türblätter mit Verglasungen, Fenster mit einteiligem Oberlicht,
Eisenzaun (Goßmar, Dahme-Spreewald). Rechts ein Fachwerkbau um 1814 aus Breetz
(Westprignitz), leider mit unpassender Farbgestaltung.
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Einfriedungen
Einfriedungen sind ein vordergründig wirkendes Gestaltungselement im
Straßenraum mit engem Kontakt zum Fußgänger. Sie prägen den Charakter
einer Siedlung, sollen schützen ("befrieden") und Grenzen markieren,
aber nicht abweisend wirken. Früher hatten sie im Dorf außerdem die
Funktion, den Wirtschaftsteil des Hofes nach Möglichkeit dem
öffentlichen Einblick zu entziehen und gleichzeitig den Blick
freizugeben auf das, was man zeigen und zur Schau stellen wollte: das
Wohnhaus mit Vorgarten.
Da es die bäuerliche Wirtschaft im alten Sinne kaum noch gibt, entfällt
auch die Trennung der Funktionen, zunehmend verbreitet sich der
Einheitszaun. Damit geht ein ganz besonders typisches Merkmal der Dörfer
in der Mark Brandenburg verloren, denn gerade der Wechsel von hohen
geschlossenen Brettertoren zwischen massiven Torpfeilern vor den Höfen
und kleinen niedrigen Latten- oder Gitterzäunen vor den Vorgärten der
Wohnhäuser unterscheidet die Dörfer auf angenehme Weise von sonstigen
Wohnsiedlungen.
Trotz regionaler Unterschiede ist gegenwärtig in kaum einer Gemeinde ein
formal dominierender, das Ortsbild prägender Einfriedungstyp vorhanden,
vielmehr existiert eine Mischung aus Formen und Materialien
unterschiedlichster Art. Vorhanden sind jedoch in fast allen Gemeinden
gut erhaltene zeittypische Einfriedungen, die als Beispiel gelten können
für Nachbauten oder zukünftige gestalterische Festsetzungen.
• Links: Neubau einer Einfriedung in traditioneller Form als Hofmauer, passend zum perfekt sanierten
Gebäude von 1896 (Holzhausen, Ostprignitz-Ruppin)
• Mitte: Alte Torpfeiler gesichert und als Denkmale in eine neue Einfriedung integriert, um 1880-1900 (Pillgram,
Oder-Spree)
• Rechts: Metallgitterzaun in zeittypischer
schmiedeeiserner Ausführung etwa zwischen 1870 und 1910 (Stolpe, Oberhavel)
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Dabei ist zu beachten, dass sich eine gewisse Gestaltungsvielfalt
bereits aus dem historischen Zusammenhang zwischen Einfriedung und
Wohngebäude ergibt. Zumindest die niedrigen Einfriedungen vor den
Wohngebäuden wurden in der Regel im zeitlichen Zusammenhang mit dem Haus
errichtet, woraus sich auch ein formaler Zusammenhang ergibt. In vielen
Fällen ist die ursprüngliche Ausstattung aus der Bauzeit der Gebäude
noch erhalten, die gestalterische Einheit zwischen Einfriedung und
Wohnhaus ist dann noch gut erkennbar. Einziges verbindendes Merkmal über
alle Bauepochen hinweg ist die im historischen Bereich generell
vorhandene senkrechte Gliederung der Einfriedungselemente, unabhängig
von der Materialwahl. Auch die großen alten Brettertore der Bauernhöfe
waren senkrecht gegliedert, weil der senkrechte Einsatz des Materials
den besten Witterungsschutz bildet. Alle deutlich querformatigen
Einfriedungselemente im Dorf sind Erfindungen der jüngsten
Vergangenheit.
Die älteren märkischen Höfe bis etwa 1870 hatten geschlossene, senkrecht
verbretterte Tore zwischen schweren Holzpfosten oder schlichten Pfeilern
aus Ziegelmauerwerk, die restliche Hoffläche war durch Bretterzäune oder
Mauern geschlossen. Die Bauhöhen schwanken um 1,60 - 1,80 m, teilweise
bis 2,00 m. Vor den Wohngebäuden waren niedrige, senkrecht gegliederte
Holzlattenzäune ohne Sockel üblich, allgemein um 1,00 - 1,20 m,
gelegentlich auch schon bescheidene Metallgitterzäune mit niedrigem
Sockelmauerwerk.
Gründerzeit und Folgejahre etwa ab 1870 bis 1910 sind geprägt von hohen,
geschlossenen, senkrecht verbretterte Toren zwischen massiven Pfeilern
aus Ziegel-Sichtmauerwerk in teilweise aufwendiger Gestaltung sowie
einer zumindest zum Straßenraum hin durch Mauerwerk geschlossenen
Hoffläche. Bei reicheren Höfen liegen die Bauhöhen teilweise deutlich
über 2,00 m (woraus sich für einen heutigen Nachbau die
Bauantragspflicht ergibt). Nur vor den Wohngebäuden waren niedrige,
filigrane, senkrecht gegliederte Metallgitterzäune über Sockelmauerwerk
üblich, meist geschmiedet mit teils aufwendigen Zierelementen. Die Höhe
des Sockelmauerwerks lag selten über 0,40 m, die Gesamthöhe des Zauns
incl. Sockel etwa bei 1,20 m.
• Links: Das alte Hoftor in regionaltypischer Ausführung aus senkrechten
Brettern, mit hohen Ziegelpfeilern und hier einem seltenen Zaun um 1910; die Hofmauer dient
als Wand für den Schuppen (Zinnitz, Oberspreewald-Lausitz)
• Mitte: Neubau einer Toranlage in alter Tradition für einen großen
Vierseithof; schlicht, sachlich und formal passend (Nennhausen, Havelland)
• Rechts: Alter hoher Bretterzaun in traditioneller Ausführung als
geschlossene Einfriedung und Sichtschutz vor einem großen Wirtschaftshof, inzwischen
mit Koniferen hinterpflanzt (Straupitz, Dahme-Spreewald)
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Nach dem ersten Weltkrieg erscheinen die Einfriedungen wieder
zurückhaltender und etwas niedriger, alle Varianten sind möglich,
insgesamt bleiben sie jedoch der Tradition verbunden. In locker
besiedelten und stark durchgrünten Bereichen tauchen auch
Scherengitterzäune ("Siedlerzaun") auf.
Allgemein sollten Einfriedungen immer im gestalterischen Zusammenhang
mit Gebäude bzw. Gebäudeensemble gesehen werden. Auch ein Neubau braucht
keine Wertsteigerung durch einen bunten oder stark ornamentierten
Gartenzaun. Ein ruhiger, gleichmäßig gearbeiteter Lattenzaun, farblich
abgestimmt auf das Hauptgebäude, wird zur Wirkung des Gesamtensembles
wesentlich mehr beitragen. Der Zaun muss keineswegs immer braun sein. Er
sollte sich aber einfügen in das Farbkonzept der Gesamtanlage. Wenn
beispielsweise der Zaun in der Farbe der Tür oder der Klappläden
gestrichen wird, ergibt sich eine sehr angenehme gestalterische Einheit
innerhalb der Gesamtanlage.
Natur und Landschaft
Wenn bei konzeptionellen Überlegungen im Zusammenhang mit der
Dorfentwicklung grünordnerische und landschaftsplanerische Aspekte
behandelt und Empfehlungen für die kommunale Arbeit formuliert werden
sollen, dann sind auch hier zuerst die Bestandsdaten zu ermitteln, auch
für die Randbereiche und das Umfeld des Dorfes. Der Umfang der
Untersuchungen richtet sich nach Aufgabenstellung und Planungsziel der
Gemeinde und dem zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmen.
Aus der Analyse des Ist-Zustandes verbunden mit einer
entwicklungsgeschichtlichen Betrachtung lassen sich Planungsgrundsätze
ableiten, die in die städtebauliche Gesamtplanung einfließen. Häufig
liegen ortsbezogene landschaftsplanerische Untersuchungen bereits vor;
z.B. als Landschaftsrahmenplan oder Landschaftsplan zum
Flächennutzungsplan. Obwohl diese Pläne im Maßstab nicht der
Detailgenauigkeit einer Dorfentwicklungsplanung entsprechen, sind sie
als Basisplanung zu beachten. Auch Agrarstrukturelle Vor- oder
Entwicklungsplanungen (AVP oder AEP) liefern besonders bei
landwirtschaftlich geprägten Dörfern wichtige Hinweise.
Es kann nicht oft genug betont werden, dass ein gut durchgrüntes
Dorf nicht nur aus ökologischer Sicht sehr zu befürworten ist sondern
dass hierin auch eine der wichtigsten Voraussetzungen liegt für ein
angenehmes Erscheinungsbild überhaupt. Dörfer sollten ihre besondere,
durch den Landschaftsraum geprägte Situation nutzen und sich auch formal
von der Stadt unterscheiden, so wie sich die Dorfökologie insgesamt vom
städtischen Raum unterscheidet. Ein wichtiger Aspekt ist dabei ein
gepflegter landschaftstypischer Baumbestand im Innen-, Rand- und
Außenbereich.
Kommunale und öffentliche Bereiche
Bei der Bewertung der Grünstrukturen im Siedlungsraum können öffentliche
und private Bereiche nicht isoliert betrachtet werden, weil z.B. der
Baumbestand auf privaten Grundstücken auch den öffentlichen Raum prägt,
soweit er von diesem aus einsehbar ist. Dennoch sollte z.B. die
Dorfentwicklungsplanung eine getrennte Bewertung für öffentliche und
private Bereiche vornehmen. Da die späteren Auftraggeber für die
Realisierung der einzelnen Planungsvorschläge nicht identisch sind,
müssen die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse spätestens bei der
Formulierung von Aufgabenstellungen und ggf. Beantragung von
Fördergeldern berücksichtigt werden.
Zentrale Strukturen
Im öffentlichen Bereich bestehen im besten Fall mehrere,
miteinander vernetzte größere Freiräume, die ein sowohl unter
städtebaulich-gestalterischen als auch ökologischen Gesichtspunkten
schutzwürdiges System bilden. Dieses System, z.B. mit dem Dorfanger im
Zentrum, ist im Überblick zu untersuchen und darzustellen. Schon bei der
Darstellung werden häufig mangelhafte bzw. unvollständige Bereiche,
Lücken und Zerstörungen sichtbar, woraus sich Aufgabenstellungen für die
zukünftige Arbeit in der Gemeinde ergeben. Je nach dem zur Verfügung
stehenden finanziellen Rahmen kann sich die Untersuchung bis auf die
Ebene der Vernetzung von Kleinstlebensräumen erstrecken.
Wichtig ist, dass die Analyse vor dem Hintergrund
siedlungsgeschichtlicher Zusammenhänge erfolgt. Beispielsweise setzt
sich in den meisten Angerdörfern der Baumbestand des Angers an den
Ausfallstraßen der Gemeinde als Allee fort und stellt so eine Verbindung
zum Außenbereich her. Diese Entwicklung hat sich parallel zum Wachstum
des Angerdorfes vollzogen, der unmittelbare Übergang des aufgeweiteten
Angerbereiches in eine Allee dokumentiert die städtebauliche
Entwicklung. Bei anderen Dörfern ist der ursprüngliche Kernbereich noch
heute an den jeweils dicht an der Straße stehenden ehemals letzten
Häusern erkennbar, zwischen denen keine Bäume mehr Platz finden. Danach
folgt bis zum Ende des Dorfes eine Reihe meist kleiner Wohngebäude
(Büdner oder Kossäten). Auch diese Gebäude stehen eng an der baumlosen
Straße. Hinter dem letzten Haus beginnt dann eine Allee und damit
deutlich sichtbar der Außenbereich. Ein solches System ist ebenfalls ein
klares Gliederungs- und Gestaltungssystem im Ortsbild.
Auch Feuchtsysteme im öffentlichen Raum sind zu erhalten und unter
fachkundiger Leitung zu sanieren und zu renaturieren. Dorfteiche wurden
in der Vergangenheit häufig einbetoniert und "pflegeleicht" gestaltet,
was zur Folge hatte, dass Flora und Fauna teilweise drastisch der
Lebensraum entzogen wurde. Meist haben diese Dorfteiche eine schlechte
Wasserqualität durch das gestörte biologische Gleichgewicht. Auch hier
gibt es Vernetzungen mit dem Außenbereich durch Fließe, Bäche oder
Gräben, deren Wasserführung in Abstimmung mit den Wasser- und
Bodenverbänden zu gewährleisten und bei Bedarf zu regulieren ist.
Dorfteiche sollten naturnah gestaltet werden.
Straßen und Wege
Straßen und Wege im Dorfgebiet, die nicht dem Durchgangsverkehr dienen,
sollten möglichst gepflastert und nicht betoniert oder asphaltiert
werden. Neben gestalterischen Gesichtspunkten sind auch hier ökologische
Aspekte zu beachten. Die Wasserversickerung ist gerade auf Betonpflaster
im Kies-Splitt-Bett deutlich besser als auf geschlossenen Deckschichten; im
Gegensatz zu Naturstein kann Beton zusätzlich noch Wasser speichern.
Ablaufendes Regenwasser kann in seitlichen Sickermulden aufgefangen
werden. Nur bei bindigen Böden und ungünstigen Situationen sollte
Regenwasser abgeleitet und z.B. über Kiesfilter dem Dorfteich zugeleitet
werden. Grundsätzlich ist Regenwasser immer zuerst am Ort des Anfalls zu
versickern und nur im Notfall abzuleiten.
Der Flächenverbrauch für Verkehrsanlagen soll sowohl im öffentlichen als
auch privaten Bereich auf das für die Funktionen erforderliche Minimum
beschränkt bleiben. Befahrbare Flächen außerhalb von Straßen sollten so
weit wie möglich durch Rasengittersteine hergestellt werden. Das
Material ist auch zum Ausbau für hohe Achslasten geeignet, so dass auch
Hofzufahrten mit Rasengittersteinen ausgebaut werden können. Notwendige Stellplätze
für anliegende gewerbliche Einrichtungen sind auf den
jeweiligen Grundstücken nachzuweisen (also nicht im öffentlichen
Straßenraum), das Verfahren zum Nachweis ergibt sich aus der örtlichen
Stellplatzsatzung oder wird durch das Bauordnungsamt des Landkreises
beauflagt.
• Links: Dorfstraße am Anger, neu mit Betonpflaster ausgebaut, Regenversickerung in den begrünten
Randstreifen, die ebenfalls begrünte Fläche des Angers mit Holzpflöcken
gegen Befahren geschützt (Paaren im Glien, Havelland)
• Mitte: Zentrale Lindenallee einer friderizianischen Kolonie als ortsbildprägendes
grünordnerisches Element über die ganze Länge des Straßendorfes mit
stark erweitertem Straßenraum. Die Allee ist nicht ursprünglich, sie
stammt vermutlich aus dem frühen 19.Jahrhundert. (Neubarnim, Märkisch-Oderland)
• Rechts: Kopflinden mit zu niedrigem Kronenansatz; das gut erhaltene Doppelhaus mit
Schieferdach um 1890 kann im Ortsbild kaum wirken (Kuhblank, Prignitz)
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Bäume und Baumschutz
Viele Dörfer verfügen über einen teilweise sehr alten und schutzwürdigen
Baumbestand im Siedlungsgebiet; gerade das ist es, was das Dorf von der
Stadt so angenehm unterscheidet. Neben ökologischen Funktionen leistet
der Baumbestand auch einen erheblichen Beitrag zur Ortsgestaltung und
sollte ganz bewusst in gestalterische Konzeptionen mit einbezogen
werden. Dabei kann entsprechend der Bedeutung des jeweiligen Bereiches
im Dorfgefüge gestalterisch differenziert werden. Als Schwerpunkte
werden Dorfstraße bzw. Dorfanger, Kirchhof, Friedhof und (falls
vorhanden) der Gutspark durch Baumbestand und Grüngestaltung besonders
zu betonen sein.
Bei Bedarf sind hier Ergänzungen wünschenswert, aber nach sorgfältiger
Abwägung auch Eingriffe mit gestalterischer Begründung zulässig.
Baumpflanzungen und Baumschutz in bester Absicht dürfen nicht dazu
führen, dass aufzuwertende oder zu betonende Gebäude nach wenigen Jahren
durch Baumkronen vollständig verdeckt werden und damit dem Ortsbild
verloren gehen. Bei Neupflanzungen im Straßenraum ist deshalb auf den
Einsatz von Hochstämmen zu achten. Der Kronenansatz sollte nicht unter
der durchschnittlichen Höhe der Fensterstürze liegen, damit
Sichtbeziehungen auch zwischen den Häusern erhalten bleiben. Historische
Hausfassaden, die sorgfältig unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten
saniert wurden, sollten im Dorf zur Geltung gebracht und nicht hinter
Straßenbäumen mit zu niedrigem Kronenansatz versteckt werden. Das
Problem des Herbstlaubes in der Dachrinne ist leicht zu lösen durch
Gitterroste oder Rinnenkörbe, fast jeder Rinnenhersteller liefert passende
Elemente zu seinem System.
Die in allen Regionen Brandenburgs bekannten "Kopfbäume" vor den Häusern
sind vermutlich erst entstanden, als der Aspekt der Pflegeleichtigkeit in
den Vordergrund trat und der Nutzgedanke sich durch veränderte und verbesserte
Wirtschaftsformen weitgehend erübrigte. Straßenbäume übernahmen zunehmend die
Rolle von (teils verordneten) Gestaltungselementen ohne praktischen Nutzen,
zur Aufwandsminimierung wurden sie deshalb gestutzt und zurückgeschnitten
(z.B. als Kopflinden). Feuerholz war durch eine intensivierte Forstwirtschaft
preiswerter vom Händler oder aus dem eigenen Wald zu beziehen. Mit der Einführung
von harten Dachdeckungen erübrigte sich der Schutz vor Brandübertragung durch
Funkenflug und das Laub, welches auch als Einstreu in den Ställen keine
Verwendung mehr fand, verstopfte die inzwischen überall montierten Dachrinnen.
Im übrigen sind Kopfbäume weniger durch Sturm gefährdet.
Randbereiche des Dorfes
Die hofgebundenen Garten- und Wiesenbereiche im direkten äußeren
Anschluss an die Ortslage sollen als Übergangsbereich zur Umgebung
vermitteln; ihnen kommt auch bereits eine stark landschaftsprägende
Bedeutung zu. Dies zu erkennen und in diesem Sinne Unterstützung zu
leisten setzt die Bereitschaft der Grundstücksbesitzer voraus, denn in
aller Regel handelt es sich hier um privates Land. Auch baum- und
strauchbestandene Wege (Feldwege), die aus dem Dorf in die Landschaft
führen, gehören zu diesem Übergangsbereich, weil sie als verbindendes
Element sowohl das Dorfbild als auch das Landschaftsbild beeinflussen.
Gut durchgrünte Randbereiche mit Hausgärten und kleinteiligen
Anbauflächen gehören neben der Dachlandschaft zu den prägenden äußeren
Gestaltungselementen eines Dorfes. Mangelhafte Randbereiche sollten
unter fachkundiger Planung umgestaltet und besser durchgrünt,
rückwärtige Haus- und Obstgärten so weit wie möglich durch naturnahe
Heckenpflanzungen abgegrenzt werden. Dadurch werden unter anderem Nistplätze für
Vögel geschaffen.
Auch sind eventuell Pflanzungen mit Windschutzfunktion im Randbereich
der Dörfer sinnvoll an besonders exponierten Wohnstandorten. Durch
Windschutz ist immer eine Verbesserung des Wohnwertes und damit auch des
Baulandwertes zu erzielen. Zusätzlich dienen diese Pflanzungen der
Verminderung von Staubentwicklung z.B. im Umfeld von stark befahrenen
Wirtschaftswegen oder Reiterhöfen.
Landwirtschaftliche Anlagen im Außenbereich
Sehr häufig existieren im Umfeld der Dörfer ehemalige LPG-Anlagen, die
teils von Agrargenossenschaften inzwischen saniert wurden, teils aber
auch heute noch als Leerstand verfallen. Auf diesen Flächen sollte
zumindest von einem Anfangsverdacht auf Altlasten ausgegangen werden
(Kontaminierung der Böden). Verschiedene Gebäude weisen außerdem eine
große Menge von Asbest-Wellplatten als Dachdeckung auf, die ungeschützt
dem Faserabrieb durch Bewitterung ausgesetzt sind, usw. Eine
Dorfentwicklungsplanung kann diese Probleme nicht lösen, sie muss aber
Konfliktsituationen dokumentieren und zumindest auf erforderliche
Maßnahmen hinweisen.
Die negativen Auswirkungen dieser Anlagen auf das Ortsbild sind
teilweise erheblich. Wenn keine Sanierung der Situation in Aussicht
steht, ist eine Verbesserung kurzfristig am preiswertesten durch
Sichtschutzpflanzungen und damit durch eine verbesserte landschaftliche
Einbindung zu erreichen. Landwirtschaftliche Einrichtungen sollen im
Dorfbild keinesfalls versteckt werden, denn dieser Wirtschaftszweig soll
als traditionelle Lebensgrundlage eines Dorfes auch sichtbar bleiben.
Das Problem besteht nur im Zustand der Gebäude und Freiflächen, nicht in
deren Vorhandensein.
Wegebegrünung, Feldraine und Wald
Die an den Wegen außerhalb der Dörfer nur selten vorhandene Begrünung
sollte als lockere und wegbegleitende Randbegrünung und damit auch als
Gestaltungselement des Landschaftsraumes im Sinne der alten Feldraine
wieder kultiviert werden. Vorrangig dient diese Begrünung durch
standortgerechte Gehölze dem Schutz vor Winderosion sowie als Lebensraum
für eine Vielzahl von Tieren. Auch der touristische Aspekt ist nicht zu
unterschätzen. Der Schutz ist nicht nur für die gegen Winderosion
anfälligen Ackerstandorte vorteilhaft, sondern auch für angrenzende
Wohnbereiche.
Die rechtliche bzw. Eigentumsproblematik bei der Inanspruchnahme von
etwas breiteren Feldrainen für Begrünungsmaßnahmen kann bei (größerem)
Bedarf durch vertragliche Regelungen (z.B. durch Gestattungsverträge)
gelöst werden. Bei der Neuanlage von Feldrainen müssen in der Regel
private Agrarflächen in Anspruch genommen werden, deren Bereitstellung
durch Vergütung oder Flächenaustausch zu klären ist.
• Links: Feldweg hinter dem Dorf auf trockenem
Standort, unbefestigt, nur durch Nutzung geprägt (Oberhavel)
• Mitte: Weg im Außenbereich, neu ausgebaut mit wassergebundener Splittdecke und junger Alleepflanzung
(im Hintergrund das Dorf Marwitz, Oberhavel)
• Rechts: Wirtschaftsweg im Außenbereich auf
feuchtem Standort, beidseitig sehr breite Feldrainpflanzungen aus
standortgerechten Gehölzen (Weide, Erle, Pappel) und Reet in Kombination
mit Wassergräben
(Kuschkow, Dahme-Spreewald)
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Im direkten Umfeld vieler Ortslagen existieren Waldflächen. Schutz und
Erhalt der Wälder (besonders der Rand- und Übergangsbereiche zur
Ortslage) sind im Sinne der Dorferneuerung immer zu beachten, auch wenn
die Zuständigkeit für Wälder nicht bei der Gemeinde (bzw. dem Amt)
liegt. Allgemein ist festzustellen, dass die Anpflanzung (Aufforstung)
von Wald der Schließung von unwirtschaftlichen Restflächen, der
Beseitigung von Brachland und dem Windschutz dienen kann.
Aufforstungsarbeiten sind mit den Forstämtern abzustimmen.
Nischenplätze im Dorf und Biotopschutz
Neben den bereits genannten Bereichen gibt es im Dorf noch eine Vielzahl
von kleinen und kleinsten Lebensräumen für Flora und Fauna, die alle
mehr oder weniger intensiv dem Einfluss des Menschen unterliegen und
durch ihn geprägt sind. Neben Feldrainen, Wegrändern, Straßengräben,
Lesesteinhaufen und kleinen Tümpeln sind auch ungenutzte Nebengebäude,
Dachböden, Fassadenbegrünungen, stillgelegte Friedhöfe, Trockenmauern,
Komposthaufen und diverse Brachflächen zu nennen.
Bereiche dieser Art, häufig noch immer als Restflächen oder Unland
bezeichnet, stellen einen Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen und
Tieren dar. In den meisten Fällen steht dem Erhalt nur ein übertriebenes
Reinlichkeitsbedürfnis entgegen, was auf dem Grünstreifen vor dem
Gartenzaun nur Unkräuter und keine Wildkräuter sieht. Soweit das Leben
in Haus und Hof nicht behindert wird, sollten Bereiche dieser Art
weitestgehend der freien Entwicklung überlassen und damit als Lebensraum
erhalten bleiben. Selbst Camping-, Bade- oder Bootsliegeplätze bieten
mit ihren diversen Baulichkeiten nach Saisonschluss so manchem Igel ein
Winterquartier, auch dieses dient somit dem Artenschutz.
Bei der Gebäudesanierung, besonders aber bei Um- und Ausbau von ehemals
landwirtschaftlich genutzten Nebengebäuden sollte auch der Vogelschutz
beachtet werden. In vielen Fällen wurden z.B. die alten Eulenlöcher
zugemauert. Wenn irgend möglich und mit dem Nutzungskonzept zu
vereinbaren, sollten die Eulenlöcher wieder geöffnet werden. Hinter der
Öffnung kann ein kleiner Bereich als Nistplatz abgetrennt werden, der
die Nutzung des Dachraumes insgesamt nicht behindert. Speziell für
Ziegelmauerwerk werden maßgerechte Sonderziegel mit Einflugöffnung zum
Einbau in die Fassade angeboten.
Geschützte Landschaftsbereiche und Biotope sind möglichst schon auf
informeller Ebene zumindest ansatzweise zu kartieren, da diese Daten die
städtebauliche Planung beeinflussen. Betroffen sein können sowohl
öffentliche als auch private Bereiche. Soweit nicht bereits aus anderen
Verfahren Angaben vorliegen, sind mit der Dorfplanung eigene
Untersuchungen im Überblick vorzunehmen.
Private dörfliche Bereiche
Höfe, Zufahrten und Wege
Alle befahrbaren, begehbaren oder aus sonstigen Gründen befestigten
Flächen innerhalb der privaten Grundstücke sollten einschließlich der
Zufahrten nur im wassergebundenen Ausbau erfolgen. Hierzu zählen Splittdecken, alle Pflasterarten im Kiesbett (besonders Abstandpflaster
oder Pflastersysteme mit Nockenverbindung), Rasengittersteine und
Schotterrasen (verdichtete Schotterflächen mit Rasenansaat). Eine
preiswerte und zugleich stabile Variante stellt Betonpflaster dar, das
für alle Achslasten lieferbar und damit auch für Wirtschaftsbereiche
bestens geeignet ist. Für Wohnbereiche steht ein großes Angebot an
gestalterisch sehr ansprechenden Alternativen als Betonpflaster in den
verschiedensten Farben oder Natursteinpflaster zur Verfügung.
Der Vorteil von wassergebundenen Belägen besteht in der hohen
Versickerungsfähigkeit und damit dem Verbleib eines hohen Anteils von
Niederschlagswasser am Ort des Anfalls, was aus ökologischen Gründen
generell zu fordern ist (Ausnahme: Flächen mit schadstoffbelasteten
Abwässern, die nicht versickert werden dürfen).
• Links: Private Gartengestaltung im öffentlichen Straßenraum vor einer alten Feldsteinscheune; ein
Beispiel privater Initiative im Einklang mit öffentlichen Interessen (Schönfeld, Barnim)
• Mitte: Moospolster als Umweltindikator auf einer alten keramischen Biberschwanz-Kronendeckung, in
diesem Umfang unschädlich für die Deckung und ein beruhigender
Hinweis auf eine Umgebung ohne Schadstoffe (Danewitz, Barnim)
• Rechts: Wassergebundener Wegebelag auf einem Feldweg, gewalzte Decke aus einem Gemisch aus Schotter,
Kies, Splitt, Sand und Lehm als Straßenbelag, teils von Moos und Gras bewachsen (Dahme-Spreewald)
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Hofgebundenes Gartenland
Private Hausgärten treten in den Ortsbildern unterschiedlich stark in
Erscheinung. Wie bereits erläutert, hat das auch historische Gründe. Bei
Gebäuden direkt an der Grundstücksgrenze zur Straße verbleibt kein Raum
für Vorgärten. Teilweise ist jedoch auch mangelnde Pflege zu verzeichnen
oder der vordergründige Wunsch nach "Pflegeleichtigkeit". Das Ergebnis
sind dann die allseits bekannten, nicht landschaftstypischen
Koniferengärten. In den historischen Ortsbereichen mit kaum vorhandenem
Raum für Vorgärten wird Gartengestaltung auch in Zukunft zumindest
vordergründig nicht zur Gestaltung des Dorfbildes beitragen können. In
anderen Siedlungsbereichen, z.B. ehemaligen Bodenreformsiedlungen mit
allgemein hohem Gartenanteil, ist dagegen im größeren Umfang
Gartengestaltung möglich.
Insgesamt ist, wo immer möglich, eine Mischung aus den traditionellen
ländlichen Gartenformen anzustreben und je nach örtlicher Situation und
persönlicher Neigung dem einen oder anderen Gartentyp Raum zu geben. Das
regionaltypische Sortiment sollte bei allen Pflanzungen beachtet werden,
um auch auf diesem Gebiet die Eigenart des märkischen Kulturraumes zu
bewahren. Ob sich dann die Vorliebe des Hausbesitzers schwerpunktmäßig
im Nutzgarten, Ziergarten oder Naturgarten wiederfindet, bleibt ihm
überlassen.
Überwiegend im öffentlich nicht einsehbaren Teil der Grundstücke hinter
den Häusern befinden sich die Terrassen und Freisitze. Da bei diesen
meist relativ kleinen, räumlich begrenzten Flächen die Gestaltung im
Vordergrund steht, werden Gehölze auch unter diesem Aspekt ausgewählt.
Es sollten daher auch Pflanzungen möglich sein, die zwar nicht
ausdrücklich als typisch gelten für unseren Landschaftsraum, jedoch
teilweise bereits seit Jahrhunderten in den Dörfern eingeführt sind und
damit ganz allgemein als dorftypisch gelten. Hierzu gehören z.B.
Forsythien und diverse strauchartige Rosensorten.
Im hinteren Randbereich der Grundstücke, der als Übergang zur Landschaft
vermitteln soll, sind dagegen wieder standort- und landschaftstypische
Gehölze zu empfehlen, die allgemein auch weniger Pflege benötigen. Falls
mit den Pflanzungen ein ganzjähriger Sicht- und damit auch Windschutz
erreicht werden soll, stehen zusätzlich diverse immergrüne, auch in
Brandenburg heimische Gehölze zur Verfügung. Je nach örtlichen
Standortbedingungen sind z.B. Eibe, Wacholder, Stechpalme oder
Pfaffenhütchen geeignet. Fichte, Tanne oder gar Thuja sollten dagegen
das märkische Dorfbild nicht prägen.
Bauerngärten
Das Thema Bauerngarten weckt wieder Interesse. Heute überlegt sich
manche Familie, ob nicht doch wieder ein kleiner Gemüsegarten angelegt
werden sollte. Im ländlichen Bereich ist die erforderliche Fläche immer
vorhanden. Schwerpunkte bei der Gartengestaltung können nach zeitgemäßem
Bedarf gesetzt werden, der Grundgedanke einer Kombination aus häuslichem
Nutz- und Ziergarten sollte jedoch erhalten bleiben.
Ein weit verbreitetes Missverständnis besteht in der Annahme, dass
Bauerngärten früher alle symmetrisch gegliedert, die Beete sauber durch
Wege getrennt und die Beetkanten durch niedrige Buchsbaumhecken gefasst
waren. Umfangreiche Untersuchungen haben ergeben, dass diese Form der
Gärten weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart typisch ist
und die Ausnahme bildet (siehe dazu im Literaturverzeichnis besonders
Heinz-Dieter Krausch und Christian Friedrich Germershausen).
Gelegentliche geometrisch gestaltete Anlagen waren offenbar Nachahmungen
der herrschaftlichen Schloss- und Gutsgärten und überwiegend bei
Pfarrern, Lehrern oder auch Handwerkern zu finden. Die Bauern, Kossäten
und Büdner hatten keine Zeit für regelmäßige und aufwendige
Pflegemaßnahmen an verspielten niedrigen Hecken und geometrischen
Büschen. Der Bauerngarten war immer zuerst ein Nutzgarten und bildete
auch formal das Gegenstück zu Schloss- und Klostergärten. Man kann davon
ausgehen, dass Bauerngärten früher nur ein Mindestmaß an Pflege
erhielten und entsprechend aussahen.
• Links: Streuobstwiese in der Lenzer Wische am Elbdeich hinter einem niederdeutschen Hallenhaus
um 1800; überwiegend alte Apfelsorten, die regional besonders gut gedeihen (Mödlich, Prignitz)
• Mitte: Hausgarten mit Laube vor dem Eingang und alten Obstbäumen, die im Sommer auch Schatten
spenden (Neubarnim, Märkisch-Oderland)
• Rechts: Private Nutzgärten für Obst, Gemüse und Blumen vor dem Haus im öffentlichen Bereich
auf dem Anger, durch Hecken getrennt und abgeschirmt (Neulietzegöricke, Märkisch-Oderland)
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Ursprünglich haben im Bauerngarten Obst, Gemüse, Gewürz- und
Heilpflanzen vorgeherrscht, also Nutzpflanzen. Obstgarten und
Gemüsegarten waren dabei vielfach getrennt, weil der Schattenwurf der
Obstbäume dem Wachstum der Gemüsepflanzen abträglich ist und auch dem
Boden zu viele Nährstoffe entzieht. Man spricht daher auch weniger vom
Obstgarten als von der Obstwiese. Die Obstwiesen aber waren (und sind
auch heute noch) überwiegend hinter dem Haus bzw. hinter der Scheune.
Der Gemüse- und Kräutergarten (Küchengarten) lag schon aus praktischen
Gründen näher am Haus; Blumen und Zierpflanzen befanden sich im
Vorgarten.
Der Anteil an Zierpflanzen war ursprünglich gering. Auch Zierpflanzen
wurden unter praktischen Gesichtspunkten ausgewählt, z.B. zum Kränzebinden,
für Festtagssträuße und Grabsträuße. Im Laufe der Jahrhunderte hat der
Anteil an Zierpflanzen erheblich zugenommen, der Anbau anderer
Pflanzenarten hat sich aus dem Garten aufs Feld verlagert (z.B. Kartoffeln
und Rüben). Die ganz alten Zierpflanzen der Bauern und Kossäten
wurden vermutlich aus der freien Natur in die Gärten geholt und dort
kultiviert. Für den typischen Bauerngarten ist kennzeichnend, dass es
vom zeitigen Frühjahr an bis in den späten Herbst immerzu blüht. Dies
ist jedoch erst möglich, seit auch asiatische und amerikanische Sorten
eingeführt wurden. Pfarrgärten hatten wohl schon frühzeitig einen
höheren Anteil an Zierpflanzen, weil die Pfarrer auch für den Schmuck
der Kirchen verantwortlich waren und dafür z.B. die benötigten
Schnittblumen in ihren Gärten aufzogen. Im Übrigen waren auch die
Pfarrgärten Nutzgärten.
Bauerngärten waren und sind keinerlei festen Regeln unterworfen. Die
Pflanzen wurden unter rein praktischen Gesichtspunkten an verschiedenen
Stellen verteilt, bunt gemischt, Pflanzenstandorte und Wege häufig
gewechselt. Auch die Pflanzenarten wechselten im Laufe der Zeit
mehrfach, immer nach Bedarf. Mit zunehmendem Handel kamen Pflanzen aus
anderen Teilen Europas hinzu und manche Arten, die billiger auf dem
Markt zu erwerben waren, wurden nicht mehr angebaut.
Streuobstwiesen
Streuobstwiesen verschwinden zunehmend aus dem Dorfbild, sind aber
unbedingt erhaltenswert und wenn möglich, wieder herzustellen. Sie
stellen einen reichhaltigen Lebensraum dar, weil sie charakteristische
Strukturmerkmale sowohl von gehölzgeprägten als auch von
Grünlandbiotopen in sich vereinen. Die Höhlen in alten Bäumen dienen als
Nistgelegenheit für verschiedene Höhlenbrüter (z.B. Steinkauz). Die
Bodenvegetation wird oft von blütenreichen Wiesen gebildet, die wiederum
Lebensraum für zahlreiche Insekten sind. Außerdem dienen Streuobstwiesen
auch der Erhaltung alter Kulturobstsorten.
Es ist natürlich klar, dass eine Familie, die täglich zur Arbeit fährt
und keinerlei landwirtschaftlichen Nebenerwerb betreibt, nicht allein
dem allgemeinen Ortsbild zuliebe eine kleinteilige Bewirtschaftung ihres
Gartenlandes betreiben kann. Dafür bleibt keine Zeit. Es sollte aber
zumindest überlegt werden, ob nicht die Anpflanzung von gemischten
Obstgehölzen (Bäume und Sträucher) möglich ist, die ohne größeren
Pflegeaufwand ganz nebenbei den Bedarf der Familie decken und darüber
hinaus als Streuobstwiese eine wichtige Biotopfunktion übernehmen
können.
Fassadenbegrünung
Weiterhin sollte mehr auf die Möglichkeit der Fassadenbegrünung
zurückgegriffen werden. Bei Nebengebäuden, deren Fassaden zwar
bautechnisch stabil, aber optisch nicht mehr ansprechend sind, ist
Fassadenbegrünung immer eine gestalterisch sehr angenehme und äußerst
pflegearme Variante. Auch hier ist ein sehr hoher Biotopwert anzusetzen
als Lebensraum für Vögel und Insekten. Es gibt selbstklimmende Pflanzen
und solche, die eine Kletterhilfe benötigen. Falls die Fassadenbegrünung
stark wuchert und auf das Dach übergreift, ist darauf zu achten, dass
die Haft- und Rankorgane der Pflanzen nicht zwischen die Dachziegel
eindringen und so das Gefüge der Deckung lockern, manche Kletterpflanzen
neigen dazu. Vor der Pflanzung sollte fachkundiger Rat eingeholt werden.
Liebhaber von Spalierobst werden an sonnigen und windgeschützten Wänden
auf den Höfen empfindliche Obstsorten kultivieren (z.B. Wein, Pfirsich,
Aprikosen).
Moosbewuchs auf dem Dach ist dagegen zumindest für keramische Dachdeckungen unschädlich
(siehe Foto oben). Moos ist ein Umweltindikator, es siedelt sich nur bei
intakten Umweltverhältnissen an. Nur ein übertriebenes Reinlichkeitsbedürfnis unterstellt mangelhafte
Pflege der Dachfläche. Häufig wird pauschal behauptet, dass Moos die Dachdeckung
zerstört. Diese Behauptung ist fachlich nicht zu untersetzen. Einzelne Moospolster
richten weder bei alten (nicht hinterlüfteten) noch bei den heute
üblichen hinterlüfteten Dächern Schäden an. Moos trägt vielmehr zum
Temperaturausgleich bzw. zur Minderung starker kurzzeitiger
Temperaturschwankungen bei und schützt somit keramische Deckungen vor
Frostabsprengungen. Flächiger Moosbewuchs auf Betondachsteinen
ist dagegen problematisch, weil er Feuchtigkeit speichert und
somit verhindert, dass die Dachsteine nach Regen oder hoher
Luftfeuchtigkeit schnell wieder abtrocknen. Beton speichert Feuchtigkeit
länger als Ziegel, nasse Betondachsteine neigen bei Frost-Tau-Wechsel verstärkt
zum Absanden. Insgesamt sollte großflächig-dichter Moosbewuchs auf allen
Dachdeckungen in Abständen vorsichtig beseitigt werden. Trockene Dächer
sind immer besser als nasse. Weitere Informationen zu Flechten auf
Dachdeckungen finden Sie hier:
►
• Links: Spalierobst auf Rankehilfen, Echte Weinrebe mit reichlich
Traubenansatz auf vormontierten Holzlatten an der warmen geschützten Wand eines ehemaligen
Stallgebäudes auf einem Bauernhof (Mittweide, Oder-Spree)
• Mitte: Fassadenbegrünung und ihr Farbspiel im Herbst, wilder Wein am Ziegelmauerwerk,
als Farbkontrast eine Kopflinde und das Schieferdach des Gründerzeitbaus von 1887 (Legde, Prignitz)
• Rechts: Fassadenbegrünung mit Efeu an der Giebelwand einer Scheune; hier sollte
jedoch der baugeschichtliche Wert des Gebäudes im Ortsbild höher bewertet werden als der ökologische
Wert der Begrünung (Freudenberg, Märkisch-Oderland)
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Und das noch zum Abschluss: Genau bis zu dieser Stelle am Kirchhof durfte Helmut seine Kühe weiden
lassen ‒ aber keinen Schritt weiter. Reste der alten Kirchhofmauer in Goßmar (Dahme-Spreewald),
fotografiert am 25.8.2009, ein Biotop vom Feinsten, z.B. für Eidechsen. Friedliche Spaßvögel gibt es
jedenfalls noch in der Niederlausitz, sie unterliegen ebenfalls dem Artenschutz. Sorgen wir gemeinsam
dafür, dass sie nicht demnächst auf die Rote Liste der gefährdeten Arten gesetzt werden müssen. In
diesem Sinne: Viel Spaß bei der Dorfentwicklung in Brandenburg!
Hier geht es weiter zu den vier anderen Themenseiten zur Dorfentwicklung im Land Brandenburg
sowie zu einer Seite mit interessanten Informationen von Erwin Seemel zur sozialen Zusammensetzung der ländlichen Bevölkerung im Amt Lübben
um 1720, also noch zu sächsischer Zeit. Danach eine externe Website, die sich neben der Siedlungs- und Baugeschichte auch den Menschen in
einem kleinen Dorf im Unterspreewald widmet:
►
Teil 1 ‒ Kulturgut im ländlichen Siedlungsraum
►
Teil 3 ‒ Erhaltung und Gestaltung des Ortsbildes im ländlichen Raum
►
Teil 4 ‒ Bauernhausarchitektur in Stichworten und Bildern
►
Teil 5 ‒ Literaturverzeichnis zu den Teilen 1 bis 4
►
Bauern, Kossäten, Büdner ‒ Soziale Verhältnisse in den Dörfern des Amtes Lübben (Niederlausitz) um 1720
►
Kuschkow-Historie ‒ Bilddokumente und Informationen zu einer Dorf- und Familiengeschichte in der Niederlausitz
Wenn Sie sich für den Inhalt der Broschüre Dorfentwicklung in Brandenburg (siehe unten)
interessieren, dann finden Sie auf den Webseiten Teil 1 und Teil 2 weitere Informationen. Die Wiedergabe
der Texte auf diesen Seiten erfolgt mit diversen Ergänzungen, Korrekturen und Aktualisierungen sowie
mit zusätzlichen Fotos und Zeichnungen. Die Präsentationsblätter eines Vortrages zum Thema "Erhaltung
und Gestaltung des Ortsbildes im ländlichen Raum" sehen Sie im Teil 3. Der Teil 4 bietet einen
Überblick über die ländliche Architekturentwicklung in Brandenburg und ihre zeitgeschichtliche Einordnung,
besonders zu diesem Teil ist das Literaturverzeichnis eine Ergänzung.
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