Die Umgestaltung und Neuordnung der
Niederlausitzischen Landesbehörden unter Christian I. von Sachsen-Merseburg
im Jahre 1666, die an Stelle des jahrhundertealten Landvogteiamtes die Oberamtsregierung als
oberste Verwaltungsbehörde der Niederlausitz treten ließ, war auch die
Geburtsstunde des fürstlichen Amtes Lübben. Aus den bis dahin als
"Landvogtei- oder Küchendörfer" bezeichneten Ortschaften, die den
Landvögten für ihren Unterhalt zur Nutzung überlassen waren, wurde
nunmehr das Amt Lübben gebildet. Es bestand aus den neun Dörfern
Klein-Lubolz, Steinkirchen, Hartmannsdorf, Gröditsch, Schlepzig,
Kuschkow, Dürrenhofe, Krugau und Biebersdorf im Krumspreeischen
(Lübbener) Kreis und den vier Dörfern Werchow, Missen, Gosda und Sähritz
im Calauischen Kreis.
Um das Jahr 1676 erwarb die Fürstlich-Sächsische Rentkammer des weiteren
einen Anteil an dem bei Lübben gelegenen Dorfe Treppendorf und im Jahre
1714 kam ebenfalls durch Kauf das Dorf Weißagk im Calauischen Kreis
hinzu, so dass die Zahl der Amtsdörfer im 18. Jahrhundert insgesamt 14 ½
betrug Für diese Dörfer bestand von jeher die Einrichtung, dass sie bei
Erhebung der gewöhnlichen Steuern in Friedenszeiten von allen Abgaben
befreit waren und nur bei außerordentlichen und Kriegssteuern zu ihrem
Teile beizutragen hatten.
Ausgangspunkt zur Untersuchung der Bevölkerungs- und
Wirtschaftsverhältnisse der Lübbener Amtseinwohner bildet die Anfang des
18.Jahrhunderts erfolgte Revidierung der gesamten Ämter im Markgraftum
Niederlausitz. Die Veranlassung hierzu war eine Überprüfung des gesamten
Abgabensystems der Niederlausitzer Ämter. Beim Amt Lübben wurde mit der
Revision der Anfang gemacht, sie erstreckte sich über das ganze
Jahr 1716 hin. Das vorhandene Quellenmaterial
(Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Rep.7 Amt Lübben Nr.74
und 75) birgt eine Fülle von Einzelheiten zur rechtlichen, sozialen und
wirtschaftlichen Lage der bäuerlichen Bevölkerung des Amtes, die nach
den Gesichtspunkten der Bevölkerungsstruktur, der Besitz- und
Eigentumsverhältnisse und der bäuerlichen Lasten näher untersucht werden
sollen.
Hauptgruppen der ländlichen Bevölkerung
Die soziale Zusammensetzung der ländlichen Bevölkerung des Amtes Lübben,
wie überhaupt in der Niederlausitz, wird durch die drei Hauptgruppen
Bauern, Kossäten und Büdner bestimmt. So einheitlich
diese ganze Bevölkerungsschichtung bei oberflächlicher Betrachtung
erscheint, ist sie doch in sich durch verschiedene Untergruppen
differenziert. Als erste dieser besonderen Gruppen bei den Bauern sind
zunächst die Besitzer von Bauernlehen zu nennen. Die
Bauernlehen waren Bauernstellen, die zu Lehnrecht ausgegeben wurden. Aus
der Amtsuntersuchung geht hervor, dass in sämtlichen ehemaligen
Landvogteidörfern Lehnbauern saßen. So finden wir in Klein-Lubolz,
Schlepzig, Dürrenhofe, Kuschkow, Krugau, Gröditsch und Biebersdorf je
einen Richter und einen Lehmann, während Hartmannsdorf außerdem noch
zwei halbe Lehnleute aufzuweisen hatte; in Steinkirchen dagegen war nur
ein Lehnbauer, der Richter, vorhanden.
Die Amtsdörfer Werchow, Missen und Gosda im Calauischen Kreis
verzeichnen auch nur einen Lehnmann, den Lehnrichter, während in Sähritz
ein Richter und ein Lehmann nachgewiesen werden. In den beiden neu
erworbenen Amtsdörfern Treppendorf und Weißagk dagegen waren keine
Lehngüter vorhanden.
Namensgebung und Hofnamen bei Lehnleuten
In diesem Zusammenhang seien einige Worte zu der in jedem Dorf
auftretenden Namensbezeichnung "Richter" und "Lehmann",
wie überhaupt zur Namensforschung in der Niederlausitz gesagt.
Anlässlich des Beginns der Amtsuntersuchung sagt der Lübbener
Amtsschreiber folgendes aus: "Die Namen der Untertanen individualiter
(individuell) anzugeben, ist hiesiger Landesgewohnheit nach nicht
möglich, denn die Untertanen bekommen alle ihre Namen nach dem Gut, und
wenngleich ein neuer Untertan, der einen anderen Tauf- und Zunamen
hatte, ein Gut annimmt, so behält er solchen seinen Namen nicht, sondern
bekommt seinen Namen von dem angenommenen Gute." Wir erhalten mit dieser
Aussage eine wertvolle Bestätigung dessen, was bisher unter dem Begriff
der Torsäulennamen bekannt war. Damit ist der Beweis
erbracht, dass diese Namensänderungen in der gesamten bäuerlichen Sphäre
der Niederlausitz gebräuchlich waren. An einigen Beispielen soll diese
Feststellung erhärtet werden.
Bei der Überprüfung des Richtergutes in Dürrenhofe wurde ein Vergleich
aus dem Jahre 1698 vorgelegt, aus dem hervorging, dass nach dem Tode des
damaligen Besitzers ein Sohn des Krügers zu Niewisch, Hans Bogula, durch
Heirat der ältesten Tochter des Hofes, das Gut übernommen hatte. Die
hinterlassenen Söhne des verstorbenen Besitzers waren noch minderjährig.
Seit Übernahme des Gutes erscheint der neue Besitzer ständig unter dem
Namen Hans Richter.
Ein ähnlicher Fall wird bei dem Richtergut zu Biebersdorf erwähnt. Auch
hier heiratete ein Fremder, Martin Kolowatz aus Schlepzig, in das
Richtergut ein. In einem Vergleich verpflichtet sich der alte Richter,
seinem zukünftigen Schwiegersohn nach einer gewissen Zeit den Hof zu
überlassen. Auch dieser Kolowatz wird in Zukunft nur Richter genannt.
Ganze und halbe Bauern
Neben den anfangs beschriebenen Lehnleuten finden wir als weiteren und
umfangreichsten Bestandteil der ersten Hauptgruppe in sämtlichen Dörfern
des Amtes Lübben die Bauern vertreten, d. h. die Schicht, die wir als
Ganz- oder Vollbauern bezeichnen, da jeder von ihnen
mindestens eine Hufe (alte Maßeinheit des bäuerlichen Grundbesitzanteils
von landschaftlich verschiedener Größe) Land besaß. Der Ausdruck Hüfner
ist im Amt Lübben nicht gebräuchlich, lediglich für die halben Bauern
finden wir in Klein-Lubolz und Steinkirchen den Begriff Halbhüfner,
während sie in Schlepzig als halbe Bauern aufgeführt sind. Nur in diesen
drei Dörfern ist diese Schicht vertreten, die eine Mittelstellung
zwischen den Bauern und der nächsten Hauptgruppe, den Kossäten, die in
sämtlichen Dörfern vorhanden sind, einnimmt.
Büdner und Hausgenossen
Die letzte Hauptgruppe, die Büdner, gliedern sich in alte und neue
Büdner bzw. in Groß- und Kleinbüdner. Wir finden diese
Differenzierung aber nur in den Amtsdörfern des Lübbener Kreises,
während die im Calauischen Kreise gelegenen vier Amtsdörfer diese
Unterschiede nicht aufweisen. Rechnet man die Büdner, sowie die unterste
Schicht der ländlichen Bevölkerung, die Hausgenossen, zwar nicht zu den
bäuerlichen Schichten, so müssen doch auch sie in der Gesamtgliederung
der Dorfbewohner in ihrer wirtschaftlichen Stellung und Bedeutung
erwähnt und gekennzeichnet werden. Es waren meistens Dorfhandwerker und
landwirtschaftliche Arbeiter; außer ihrer Tagelöhnerarbeit und
handwerklichen Beschäftigung besaßen sie mitunter etwas Land und Vieh.
Eine tabellarische Zusammenstellung der bäuerlichen
Bevölkerungsschichten in den Amtsdörfern vermittelt folgendes Bild:
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Im Amt Lübben waren demnach vorhanden: 24 Lehnbauern, 123 Bauern, 8
halbe Bauern, 89 Kossäten und 188 Büdner. Es ergibt sich also, dass die
Bauern 63 Prozent und die Kossäten 37 Prozent der gesamten Wirtschaften
ausmachen. Wir haben es also im Amt Lübben mit ausgesprochenen
Bauerndörfern zu tun.
Hufenschlag und Grundbesitz
Bei der folgenden Betrachtung der bäuerlichen Besitz- und
Eigentumsverhältnisse gibt wiederum die Wirtschaftsuntersuchung des
Jahres 1716 wertvolles und aufschlussreiches Material. Auch im Amt
Lübben bildete die Hufe, als wirtschaftliche Einheit gedacht, den
Ausgangspunkt zur Untersuchung der bäuerlichen Besitzrechte. Der Umfang
der bäuerlichen Güter war örtlich verschieden. Den größten Besitz hatten
die Lehnbauern inne. Die Richter in sämtlichen Amtsdörfern, mit Ausnahme
des Richtergutes in Missen im Calauischen Kreis, besaßen zwei Hufen
Acker, den gleichen Umfang hatten die Besitzungen der anderen Lehnbauern
in Schlepzig, Kuschkow und Dürrenhofe, während in Klein-Lubolz,
Gröditsch, Krugau und Biebersdorf das Lehmanngut eine Hufe groß war. Bei
den Ganz- oder Vollbauern im Lübbener Kreis finden wir eine starke
Gleichmäßigkeit des Besitzes. In sieben von zehn Dörfern besitzt das
Bauerngut eine Größe von einer Hufe. In Treppendorf sind es 1 ½ Hufe,
für Klein-Lubolz liegt für die fünf Bauern des Ortes eine Hufenzahl von
sieben vor, während von Steinkirchen berichtet wird, dass die Bauern
dort keinen ordentlichen Hufenschlag hätten, sondern ein jeder säe
ungefähr 16 Scheffel Lübbener Maß jährlich aus. Dagegen ist das
Besitztum der Amtsbauern im Calauischen Kreise weitgehend
ungleichmäßig. Das schon erwähnte Lehnrichtergut in Missen besaß 3 ½
Hufen, die größte Hufenzahl überhaupt im Amt. In Gosda gab es außer dem
Lehnbauer, der wie alle anderen zwei Hufen besaß, nur Kossäten.
Kossäten und Büdner
In den Besitzverhältnissen der zweiten bäuerlichen Schicht, der Kossäten
im Lübbener und Calauischen Kreis bestanden grundlegende Unterschiede.
Während die Kossäten in den Amtsdörfern des Lübbener Kreises fast
überall am Hufenschlag (Bezeichnung für Anteil an der Dorfgemarkung)
beteiligt waren und ein jeder von ihnen ½ Hufe Land besaß (Ausnahmen
bildeten lediglich Klein-Lubolz, Dürrenhofe und Steinkirchen) wird von
den Amtsdörfern Werchow, Missen, Gosda und Sähritz ausdrücklich gesagt,
dass die Kossäten keinen Acker besitzen, sondern nur Gärten, also den
Gärtnern zu vergleichen sind.
Die Kossäten in den Amtsdörfern des Calauischen Kreises nähern sich
demnach in ihren Besitzverhältnissen der letzten Bevölkerungsschicht,
den Büdnern. Diese waren, wie ja auch schon der Name sagt, im Besitz
einer Bude oder eines kleinen Häuschens, im Prinzip ohne
landwirtschaftlichen Betrieb. Doch gehörte zu dem Haus meistens ein
Garten, wodurch die Grenze gegenüber den Gärtnern (Kossäten) verwischt
war. In Kuschkow hatten die alten Büdner sogar etwas Feld, in Dürrenhofe
hielten sie sich darüber hinaus auch Gespann.
Hausgenossen als Mieter
Die Hausgenossen wohnten als Untermieter bei den Bauern, hatten also
noch nicht einmal ein eigenes Haus. Aber auch hier treffen wir Übergänge
und Unterschiede an. Zuweilen besaßen auch Hausgenossen pachtweise etwas
Land, ja sogar Vieh. Aus Klein-Lubolz wird berichtet, dass sie sich Kühe
hielten, ungeachtet sie nicht einen Fingerbreit an Hütung und Gräserei
hätten und dadurch der Gemeinde nicht geringen Schaden zufügten. In
Hartmannsdorf mussten die Hausgenossen, die sich Vieh hielten, für jedes
Stück der Gemeinde 6 Groschen abgeben, was aber von der Kommission
verboten wurde.
Dass der natürliche Drang der beiden untersten sozialen
Schichten, der Büdner wie der Hausgenossen, dahin ging, ihre Lage durch
Erwerb von Land und Erweiterung ihres Viehbestandes, wie auch Hüte- und
Weidegerechtigkeiten zu verbessern, ist verständlich, ebenso, dass
dieses Streben auf den Widerstand der anderen Dorfbewohner stoßen
musste. Auf der anderen Seite lässt sich ein Entgegenkommen der Bauern,
wie es die Beispiele in Kuschkow und Dürrenhofe zeigen, daraus erklären,
dass diese ja am Vorhandensein und der Leistungsfähigkeit dieser
Schichten, die die Tagelöhner, das Gesinde und die Dorfhandwerker
stellten, ein eigenes reges Interesse hatten.
Lassiten und Lassrecht
Im Gegensatz zu den Herrschafts- und Gutsbauern in der Niederlausitz,
die besitzrechtlich ziemlich allgemein und unterschiedslos zu Lassiten
herabgedrückt waren, finden wir im Amt Lübben die Form des Erbzinsgutes
(Gut, das erblich ist und gegen einen Zins ausgetan wird) vorherrschend.
Lassiten sind Lassbauern (Laßbauern) mit nur lebenslänglichen - wenn
auch in der Regel tatsächlich vererbten, d.h. in der Familie bleibenden
- oder beliebig kündbarem, widerruflichem Nutzungsrecht. Alle diese
Bauern sind hauptsächlich wegen der Dienste, die sie leisten müssen,
persönlich untertänig, "erbuntertänig", an die Scholle, d.h. das
herrschaftliche Gut, die Herrschaft, gefesselt.
Daneben gab es aber noch Grundstücke, die zu Lassrecht (Laßrecht)
vergeben wurden. Und zwar handelt es sich hier so gut wie ausschließlich
um kleine minderwertige Ackerstücke, vornehmlich um Wiesen-, Wald- und
Heidestücke, die außerhalb der eigentlichen Dorfflur lagen. Besitzer
solcher Lassstücke (Laßstücke) waren hauptsächlich Büdner, die auf diese
Weise überhaupt erst die Möglichkeit hatten, etwas Land zu erwerben. Die
Besichtigung der Felder hatte in sämtlichen Dorfschaften des Amtes
ergeben, dass sich die Untertanen eigenmächtigerweise Äcker angeeignet
bzw. diese selbst erweitert hatten, ohne Lasszins (Laßzins) an das Amt
abzuführen.
Frondienste, Abgaben und Ablösung der Dienste
Damit berühren wir den letzten Abschnitt unseres Fragenkomplexes im Amt
Lübben, die bäuerlichen Verpflichtungen bzw. die Frondienste, die neben
den Abgaben auf den Gütern der Untertanen lagen. Waren schon die
Besitzverhältnisse in den einzelnen Gebieten des Amtes
unterschiedlicher Art, so stellen wir bei den bäuerlichen
Verpflichtungen eine Mannigfaltigkeit von Dorf zu Dorf fest, die uns
zwingt, auf lokale Einzelheiten einzugehen. Zur Charakterisierung der
Dienstleistungen ist eingangs zu vermerken, dass sich im Amtsbereich
vier Vorwerke befanden. Zwei von ihnen, die Vorwerke in Steinkirchen
und in Schlepzig, waren in Zeitpacht ausgetan, während das
Schlossvorwerk in Lübben und das Vorwerk in Klein-Lubolz vom Amt
bewirtschaftet wurden. Das Letztere bestand aus 6 Hufen Land, hatte eine
Schäferei, die 700 Stück Schafe halten konnte, außerdem 30 Kühe und 18
Ochsen. Das verpachtete Vorwerk in Schlepzig besaß gleichfalls eine
Schäferei mit einem Bestand von 400 Schafen.
Als besondere Eigenart fällt im Amtsgebiet die zu dieser Zeit schon in
fast allen Orten bestehende Ablösung der Dienste durch Dienstgeld auf.
In 11 von 15 Amtsdörfern waren die Dienste sämtlicher Untertanen in
Zahlung eines Dienstgeldes umgewandelt. Im einzelnen bietet sich uns
folgendes Bild: Abgesehen von dem Lehnrichter in Steinkirchen, gaben
sämtliche Lehnbauern des Amtes Dienstgeld. Im Lübbener Kreis betrug es
im Durchschnitt für den Richter 12 Taler und für den Lehmann 10 Taler,
für die halben Lehnleute die Hälfte, während die Lehnbauern im
Calauischen Kreise eine weit geringere Summe, im allgemeinen 2 Taler zu
zahlen hatten. Das Lehnrichtergut in Missen machte eine Ausnahme, indem
es als freies Mannlehngut von allen Diensten und Abgaben befreit war.
In früheren Zeiten mussten die Lehnbauern mit zwei Pferden, die halben
mit einem Pferd ihre Land- und Lehnfuhren dem Amte leisten, so weit und
wohin ihnen zu fahren befohlen wurde, wie es der Richter zu Steinkirchen
zur Zeit noch schuldig war. Die Bauern in Gröditsch, Kuschkow,
Dürrenhofe, Krugau und Treppendorf zahlten jährlich 8 Taler Dienstgeld,
waren aber darüber hinaus noch verpflichtet, auf den Vorwerken in der
Ernte vier Wochen mit der Hand zu dienen und im Frühjahr zwei Wochen
Mist zu fahren. Die vier Treppendorfer Bauern, von denen zwei, darunter
der Richter, Wechselbauern genannt wurden, da sie abwechselnd ein Jahr
dem Amt, das andere dem Rat zu Lübben ihre Abgaben bzw. Dienste zu
leisten hatten, taten nur 14 Tage Dienste auf dem Klein-Lubolzer
Vorwerk, in Biebersdorf waren diese Erntedienste bereits ab 1691
ebenfalls in eine Geldrente umgewandelt worden.
Ebenfalls waren die meisten Verpflichtungen der Kossäten und Büdner in
den vorgenannten Dörfern abgelöst. Die Kossäten zahlten in der Regel 6
Taler, mit Ausnahme von Biebersdorf mit 7 und Treppendorf mit 4 Talern,
für die Büdner schwankte die Summe zwischen einem und 3 Talern. Auch
diese Gruppen waren außerdem verpflichtet, gewisse Dienste auf den
Vorwerken zu verrichten, außer dreiwöchentlichen Erntearbeiten mit der
Hand mussten die Kossäten in Gröditsch nach Klein-Lubolz zum
Schafscheren gehen, die Kuschkower und Dürrenhofer zwei Tage Flachs
wieten und gleichfalls zwei Tage Schafe scheren, während die Kossäten in
Krugau bei der Weinlese halfen. Die Büdner hatten die Aufgabe, bei den
Vorwerken den Flachs zu wieten, raufen, rüffeln und einzurosten, auch
die Schafe zu scheren, ferner einen Tag in der Ernte zu mähen. Im ganzen
Amt war in der Erntezeit aus jedem Hause eine Person verpflichtet, einen
Tag zu mähen. Die Hausgenossen schließlich zahlten 6 Groschen Spinngeld
oder mussten dafür zwei Stück Garn spinnen.
Im Gegensatz zu diesen eben geschilderten Verhältnissen waren die
Untertanen der restlichen im Lübbener Kreis gelegenen Dörfer Klein-Lubolz,
Hartmannsdorf, Schlepzig und Steinkirchen zum überwiegenden Teil zur
Ableistung von Hofdiensten verpflichtet.
Die Tatsache, dass nur in wenigen Amtsdörfern die Untertanen zu
Hofdienste herangezogen wurden, während im überwiegenden Maße diese
Verpflichtungen durch Geld abgelöst waren, erfordert eine Erklärung. Wir
finden sie, wenn wir die Lage der Ortschaften bzw. der Vorwerke im Amt
betrachten. Steinkirchen, Hartmannsdorf, Schlepzig und Klein-Lubolz
lagen in unmittelbarer Nähe des Lübbener Amtssitzes und in diesen
Dörfern befanden sich auch die herrschaftlichen Vorwerke. Wenn man sich
klarmacht, dass die Dienstpflicht nur dann Sinn und Zweck hat, wenn eine
umfangreiche Eigenwirtschaft existiert, die mit diesen Diensten etwas
anfangen kann, dass sonst aber die Hofdienste sinnlos wären, ist der
Schluss naheliegend: das Amt bzw. der Landesherr behielt sich nur in dem
ihm erwünschten Ausmaß und in den ihm geeignet erscheinenden Fällen
Dienste vor und ließ sich sonst Abgaben zusichern. Die Bewirtschaftung
der verhältnismäßig kleinen Vorwerke im Amt Lübben beanspruchte bei
weitem nicht die gesamte Anzahl der Amtsuntertanen, so dass sich der
Landesherr mehr auf die Stellung des Gerichtsherrn und reinen Grundherrn
zurückzog und in erster Linie Wert auf Renteneinkommen legte. Auch die
Untersuchungskommission hatte sich bemüht, darüber Nachricht zu
erlangen, wann und aus welchen Ursachen heraus die Ablösung der Dienste
erfolgt sei. Sie konnte aber lediglich feststellen, dass schon in den
ältesten Rechnungen von 1665 die Bauern in Kuschkow, Gröditsch und
Krugau mit Ansetzung eines Dienstgeldes verzeichnet waren. Im übrigen
sprach die Kommission die Vermutung aus, da diese Dörfer zwei Meilen und
darüber von Lübben entfernt lagen, dass sie wegen der allzu großen
Entfernung auf Dienstgeld gesetzt waren.
In noch viel stärkerem Maße war es bei den vier Calauischen Amtsdörfern
Werchow, Missen, Sähritz und Gosda der Fall, die mehr als drei Meilen
vom Amtssitz entfernt waren und in deren Bereich kein einziges Vorwerk
lag. Auch diese Dörfer waren insgesamt dienstgeldpflichtig. Diese
Regelung im Amt Lübben galt aber nur bis auf Widerruf. Damit hatte es
der Landesherr in der Hand, dass von Zeit zu Zeit die Summe des
Dienstgeldes den veränderten Verhältnissen und dem im allgemeinen ja
absinkenden Geldwert angepasst werden konnte bzw. bei Erweiterung des
herrschaftlichen Vorwerksbesitzes die Dienste wieder einzuführen.
Abschließend lässt sich aber sagen, dass die wirtschaftliche und
rechtliche Lage der bäuerlichen Bevölkerung des Amtes Lübben sich
grundlegend aus der Masse der übrigen Herrschafts- und Gutsbauern in
der Niederlausitz heraushebt.
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Heimatkalender 1958 für den Spreewaldkreis Lübben.
Herausgegeben 1957 durch den Kulturbund zur demokratischen Erneuerung
Deutschlands, Kreisleitung Lübben, Abteilung Kultur beim Rat des Kreises Lübben. Die aktuellen
Lübbener Heimatkalender werden seit
1994 herausgegeben vom Lübbener Heimatverein e.V. Diese neuen Broschüren sind zu beziehen
über den Heimat-Verlag Lübben oder den Buchhandel. Der neue Lübbener
Heimatkalender beschäftigt sich überwiegend nur noch mit der Stadt
Lübben, die Dörfer im Altkreis Lübben sind leider nicht mehr in dem Umfang vertreten wie vor 1990.
►
Bei der Textübernahme wurde die Rechtschreibung behutsam aktualisiert, in einigen Fällen die alte und in der Fachliteratur noch überall zu findende Schreibweise in Klammern beibehalten
(Laßrecht, Laßzins, usw.); Textgliederungen, Hervorhebungen und Zwischenüberschriften
hinzugefügt durch Norbert Rauscher.
► Das Lassitische Besitzrecht, eine Art Nutzungsrecht, entwickelte sich offenbar zunehmend seit dem 17.Jahrhundert in
Brandenburg und besonders in der seit 1623 sächsischen Niederlausitz;
die Inhaber der Stellen wurden als "Lassiten"
bezeichnet. Familien, die wüst gefallene oder erbenlose
Stellen übernahmen, diese aber nicht bezahlen konnten, wurden diese
Stellen durch die Herrschaft zeitlich befristet oder auch erblich gegen
entsprechende Abgaben und Dienste überlassen - daher
Lassiten, Lassrecht, Lasszins usw. Das in den Regionen nicht einheitlich
ausgestaltete lassitische Recht war ein schlechtes Recht, weil Lassiten
meist nur wenige Rechte innerhalb der Dorfgemeinschaft besaßen und von der Herrschaft nach Bedarf auf andere
Stellen umgesetzt werden konnten - was eine Zukunftsplanung für die
Stelleninhaber unmöglich machte. Es soll aber auch Lassiten gegeben
haben, die mit ihrer Situation nicht unzufrieden waren, weil sie z.B.
für die Instandhaltung ihrer Höfe nicht selbst zu sorgen hatten. Mit den
Reformen ab 1810 wurde auch das Lassitentum aufgehoben.
►
Das Gebiet um Lübben (später Amt Lübben
/ Kreis Lübben) mit seinen Dörfern hat im Laufe der
Zeit vielfach seine Landes- bzw. Staatszugehörigkeit gewechselt, was
auch häufig wechselnde Rechtssysteme zur Folge hatte. Hier die
wesentlichen Etappen und Zugehörigkeiten der jüngeren deutschen Geschichte:
1304-1367 Mark Brandenburg
1367-1448 Königreich Böhmen
1448-1462 Kurfürstentum Brandenburg (als Pfandbesitz von Böhmen)
1462-1526 Königreich Böhmen
1526-1623 Königreich Böhmen im Habsburgischen Kaiserreich (Österreich)
1623-1635 Kurfürstentum Sachsen (als Pfandbesitz von Böhmen)
1635-1806 Kurfürstentum Sachsen (dabei 1657-1738 zu Sachsen-Merseburg)
1806-1815 Königreich Sachsen
1815-1871 Königreich Preußen, Provinz Brandenburg, Regierungsbezirk Frankfurt
1871-1918 Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Brandenburg, Regierungsbezirk Frankfurt
1918-1939 Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Brandenburg, Regierungsbezirk Frankfurt
1939-1945 Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Mark Brandenburg, Regierungsbezirk Frankfurt
1945-1947 Sowjetische Besatzungszone, Provinz Mark Brandenburg (formell noch im Freistaat Preußen)
1947-1949 Sowjetische Besatzungszone, Land Brandenburg
1949-1952 Deutsche Demokratische Republik, Land Brandenburg
1952-1990 Deutsche Demokratische Republik, Bezirk Cottbus
seit 1990 Bundesrepublik Deutschland, Bundesland Brandenburg, Landkreis Dahme-Spreewald
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